text

Posts tagged Normen
Der Pflug & die Geschlechterverteilung

Rein aus biologischen Gründen sind die männlichen Vertreter unserer Spezies in der Überzahl. Allerdings schwankt die Geschlechterverteilung von Land zu Land enorm, sodass einige Länder – vor allem in Südostasien – einen übernatürlichen Männerüberschuss aufweisen.

Grund dafür: Selbst im Jahre 2020 sehen viele Eltern Töchter als eine Belastung an.

Die wohl tragischste Ursache der ungleichen Geschlechterverteilung ist die selektive Abtreibung oder Ermordung der eigenen weiblichen Nachkommen. Oft sind die Mechanismen aber viel subtiler. Mädchen bekommen weniger zu essen und werden im Krankheitsfall schlechter gepflegt als ihre männlichen Geschwister. Das führt dazu, dass in bestimmten Ländern mehr Mädchen als Buben sterben, was die ungleiche Geschlechterverteilung abermals antreibt.

Read More
Retrospektive Scheinheiligkeit

Die absolute Mehrheit unserer Vorfahren wird unseren moralischen Standards in vielerlei Hinsicht nicht gerecht.

Viele Entdecker waren Rassisten. Viele Wissenschaftler waren frauenfeindlich. Viele Künstler waren antisemitisch.

Und dennoch scheint es falsch, unsere Vorfahren auf diese Faktoren zu reduzieren. Es scheint falsch, unsere Vorfahren nach heutigen Standards zu bewerten.

Nassim Taleb bezeichnet eine derartige Bewertung als retrospektive Scheinheiligkeit.

Read More
Preis der Liebe – Tabuthema

Manche Sachen sind unbezahlbar. Beziehungen, Liebe, Glück – diese Dinge mit einem Preis zu belegen, wirkt unmoralisch und inhuman. Doch es gibt ein Problem.

Konsumenten haben begrenzte Ressourcen, gleichzeitig glauben sie an Faktoren mit einem unbegrenzten Wert. Wenn Konsumenten nun eine Kaufentscheidung in Bezug auf einen derartigen Unendlich-Faktor treffen, ergibt sich ein Schwachpunkt. Genau an dieser Achillessehne können Unternehmen ansetzen und das tun sie auch.

Mit der Problematik der tabuisierten Preise haben sich Philipp Tetlock und Kollegen in ihrem Paper „The price of not putting a price on love“ im Zuge von drei Studien auseinandergesetzt.

Read More
Helden, Normen und Tibet

„Die Herrschaft der Mönche in Tibet ist einmalig und läßt sich nur mit einer strengen Diktatur vergleichen. Mißtrauisch wachen sie über jeden Einfluß von außen, der ihre Macht gefährden könnte. Sie sind selbst klug genug, nicht an die Unbegrenztheit ihrer Kräfte zu glauben, würden aber jeden bestrafen, der Zweifel in dieser Richtung äußerte. So waren einige von ihnen mit dem Kontakt, den wir mit der Bevölkerung hatten, durchaus nicht einverstanden. Denn unser Verhalten, das von jedem Aberglauben unbeeinflußt war, mußte ja schließlich den Tibetern zu denken geben. Wir gingen nachts in die Wälder, ohne von den Dämonen bestraft zu werden, wir erkletterten Berge, ohne Opferfeuer zu brennen, trotzdem geschah uns nichts.“ – Heinrich Harrer in seinem Buch „Sieben Jahre in Tibet. Mein Leben am Hofe des Dalai Lama.“

Henrich Harrers autobiografisches Werk über Tibet zeigt unter anderem die unglaubliche Macht von Normen. In Tibet gab es beispielsweise keine traditionelle Polizei, Verbrecher wurden dafür umso härter bestraft – so schlug man besonders gerne Körperteile wie Hände, Füße oder Nase ab und kettete die Verbrecher für den Rest ihres Lebens an eine Fußfessel. Gleichzeitig konnten diese Menschen in der Gefangenschaft ziemlich gut leben – die Tibeter hatten Mitleid und waren sehr spendierwillig, wenn jemand um Almosen ansuchte.

Read More
Normgleichgewicht – Steuer, Fleisch & Impfen

Wenn ein bestimmtes Verhalten oder ein Gesetz von einer Gesellschaft akzeptiert wird, erntet man schiefe Blicke, wenn man sich anders verhält und hat mit Konsequenzen zu rechnen, wenn man das Gesetz bricht. Insofern stabilisiert sich diese Handlungsweise durch das gesellschaftliche Normverständnis praktisch von selbst.

Wenn das Gesetz aber von der breiten Gesellschaft ignoriert wird, erntet derjenige schiefe Blicke, der sich daran hält.

Der spannende Punkt an beiden Gleichgewichten, sowohl dem positiven als auch dem negativen, ist, dass sie sich selbst verstärken und sehr stabil sind. In der Spieltheorie würde man davon sprechen, dass sie self-enforcing sind. Das macht es so schwer, in Staaten mit einer Kultur von Steuerbetrug zu mehr Steuerehrlichkeit zu kommen.

Read More
Meta-Wahrheit – Zeit für eine neue Norm

Dennoch verteidigen viele diese absolute Norm. Ihr Sinn bestehe darin, dass man Lügen generell zu etwas Schlechtem macht und die Leute zum Zögern bringt, bevor sie Unwahrheiten äußern. Erst wenn der Druck also zu groß und der Vorteil des Lügens zu offensichtlich wird, soll man lügen.

Doch wer legt fest, wann der Druck zu groß wird und die Vorteile zu offensichtlich? Außerdem wird diese absolute Norm so oft gebrochen, dass sie de facto gar nicht mehr als Norm empfunden wird.

Kann es denn keine Norm in Bezug auf Wahrheit und Unwahrheit geben, die praktikabel und gleichzeitig moralisch vertretbar ist?

Read More