text

Stabilisierung der „Labilen Welt“

Dieser Artikel ist der dritte in einer dreiteiligen Reihe zur Hypothese der „Labilen Welt“. Zum Verständnis ist es hilfreich diese Artikel chronologisch zu lesen. Der erste Artikel behandelt ganz allgemein die «Hypothese der „Labilen Welt“». Der zweite Artikel behandelt die «Formen der „Labilen Welt“».

Nick Bostrom legt in seinem Paper „The vulnerable world hypothesis.“ nicht nur die Gefahr einer schwarzen Kugel dar, sondern bietet auch einige Präventivmaßnahmen.

In Anbetracht einer Technologie, die unweigerlich zur Extinktion der Menschheit führt, ist das eigentliche Ziel technologischer Rückschritt. Doch wie im ersten Artikel schon erläutert, sind wir Menschen bisher unschlagbar darin, Kugeln aus der Urne zu ziehen, aber nicht in der Lage, unerwünschte Kugeln wieder zurückzulegen.

„For example, even if it were ordained that all technologies that can be developed will be developed, it can still matter when they are developed.” – Nick Bostrom in seinem Paper „The vulnerable world hypothesis.“

Allerdings besteht unter Umständen die Möglichkeit, die schwarze Kugel mit grauer Farbe zu überdecken. Wenn man vor dem Ziehen der schwarzen Kugel eine Technologie entwickelt, die vor den negativen Effekten der Kugel schützt, ist das Problem gelöst. Bestes Beispiel hierfür sind jene Waffensysteme, die im Zuge des Kalten Krieges ein Gleichgewicht des Schreckens ermöglicht haben.

Bostrom bezeichnet das als differenzierte Technologieentwicklung. Man investiert möglichst viel Energie in harmlose Technologien oder in Technologien mit präventiven Eigenschaften. Auf der anderen Seite schränkt man beispielsweise die Forschung im Bereich der Biowaffen ganz massiv ein.

Natürlich ist damit aber noch lange keine Sicherheit erreicht. Die Welt wird durch solche Maßnahmen stabiler, die Möglichkeit der „Labilen Welt“ kann dadurch aber nicht verhindert werden.

Eine weitere Maßnahme die vor allem bei Typen 2 und 3 funktionieren könnte, ist eine Verhaltensänderung der involvierten Akteure. Beispielsweise könnte man durch Bildung und moralische Erziehung kriegerische Aktivitäten so unpopulär machen, dass das Volk einen proaktiven Angriff auf andere Staaten unter allen Umständen ablehnen würde. Doch die Verhaltensänderung ist in ihrer Wirkung noch diffuser als das Konzept der differenzierten Technologieentwicklung. Man wird nie das Verhalten aller Bürger anpassen können – in Bezug auf schwarze Kugeln des ersten Typs ist diese Methode also beispielsweise vollkommen uneffektiv.

Die sicherste Variante zur Stabilisierung einer „Labilen Welt“ ist schließlich auch jene, die von selbst die meisten Gefahren mit sich bringt. Wenn alle Bürger ununterbrochen mit Kameras und Mikrofonen überwacht werden, kann man nämlich tatsächlich verhindern, dass Kriminelle eine katastrophale Technologie anwenden. Nick Bostrom spricht in diesem Zusammenhang ironischerweise von einem „Freedom Tag“, womit er ein Halsband aus Kamers und Mikrofonen meint, das jeder Bürger zu jeder Zeit mit sich tragen muss.

Für Staaten würde es schließlich eine ähnliche Kontrolle geben, wobei eine globale Regierung verhindern könnte, dass einzelne Staaten zu kriminellen Aktivitäten greifen.

Doch während die beiden letztgenannten Maßnahmen sicherlich enorm effizient in der Prävention von schwarzen Kugeln sind, bringen sie selbst katastrophale Risiken mit sich. Man braucht sich nur vorstellen, dass eine Gruppe an Kriminellen die Kontrolle in der globalen Regierung übernimmt und dann jeden einzelnen Menschen zu jedem Zeitpunkt seines Lebens überwachen kann.

Da die „Labile Welt“ nur eine Möglichkeit darstellt, die Gefahren derartiger Maßnahmen aber real sind, ist dieser Weg zur Stabilisierung sehr fragwürdig.

Die entscheidende Maßnahme, die praktisch gesehen schon heute sinnvoll ist, besteht wohl in der differenzierten Technologieentwicklung. Insgesamt ist der Zweck dieser Hypothese auch nicht, den Weltuntergang zu prophezeien, vielmehr handelt es sich um ein Lehrstück in Sachen kritischer Technologiebetrachtung.

Zum Weiterlesen:

https://nickbostrom.com/papers/vulnerable.pdf