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Denken gleich Wunschdenken

Gemäß dem Confirmation Bias fokussieren sich Menschen stets auf Informationen, die ihre bestehenden Glaubenssätze bestätigen. Wir lehnen Widersprüchlichkeiten ab und suchen Verifizierung.

Diese Theorie ist weit verbreitet und klingt logisch. Das Problem: der Faktor der Motivation wird vernachlässigt. Denn wie Karl Friston et al. in ihrem Paper „All thinking is ‘wishful’ thinking” klarstellen, kann man Informationsverarbeitung nie unabhängig von den Zielen der jeweiligen Person betrachten.

Die entscheidende Frage ist, ob die bestehenden Glaubenssätze mit den erwünschten Glaubenssätzen übereinstimmen. Ein Beispiel verdeutlicht diesen Zusammenhang: Der Wetterbericht prophezeit regnerisches Wetter für den morgigen Tag. Dadurch entsteht der Glaubenssatz, dass es morgen regnen wird, auch wenn man sich eigentlich Sonnenschein wünscht. Ein paar Stunden später gibt es einen neuen Wetterbericht, der sonniges Wetter vorhersagt. Diese Info widerspricht der bisherigen Meinung. Aber natürlich wird man diese Information nicht ignorieren, sondern sie mit Freude aufnehmen – schließlich führt sie einen näher zum erwünschten Glaubenssatz.

Aus diesem Zusammenhang ergibt sich auch die Wichtigkeit von tatsächlichen Risiken im Erkenntnisprozess, den Nassim Taleb immer wieder betont.

Sprich: Wenn jemand davon überzeugt ist, dass es keinen Klimawandel gibt, wird ihn das in der Regel nicht negativ beeinflussen. Für den Betroffenen hat diese Meinung sogar eine positive Wirkung: Er muss sich keine Sorgen um die Zukunft der Erde machen und seinen Konsum nicht einschränken oder anpassen.

Sein bestehender Glaubenssatz stimmt also mit seinem erwünschten Glaubenssatz überein. Auf neue Informationen zum Klimawandel wird er stets mit Ablehnung reagieren – er verfällt dem Confirmation Bias.

Nehmen wir aber an, diese Person hat einen überproportional hohen Einfluss auf den Klimawandel und könnte mit seinen eigenen Handlungen relevant zu einer Reduktion der Treibhausgasemissionen beitragen.

Der wünschenswerte Glaubenssatz besteht auch in diesem Fall darin, dass es keinen Klimawandel gibt. Um diesen Glaubenssatz zu bewahren ist es für die einflussreiche Person aber nicht am rationalsten, Informationen zum Klimawandel abzulehnen. Stattdessen wird die Person ihr Verhalten ändern, um den Klimawandel zu stoppen. Dadurch kann sie den wünschenswerten Glaubenssatz bewahren und dessen Wahrheitsgehalt sogar erhöhen.

Unser gesamtes Denken ist von verschiedenen Motivationen und Anreizen geprägt. Das Ziel besteht im Kreieren eines Umfeldes, in welchem die eigene Motivation zu möglichst wahrheitsgetreuen Informationen führt. Ein Faktor für ein solches Umfeld sind tatsächliche Risiken und „Skin in the game“, denn nur wenn Irrationalität mit Kosten verbunden ist, können wir uns vor ihr schützen.

Zum Weiterlesen:

https://www.cell.com/action/showPdf?pii=S1364-6613%2820%2930079-6