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Tragödie der Wissenschaftskommunikation

Rationalität hat ein großes Problem. Für eine Person kann es vollkommen rational sein, sich irrational zu verhalten.

Bereits 1968 hat der Mikrobiologe Garrett Hardin dieses Paradoxon als Tragödie des Gemeinguts beschrieben.

Wenn sich mehrere Bauern ein Feld teilen, ist es im Interesse jedes Bauern, das Feld etwas intensiver zu bewirtschaften als die anderen. Dadurch bekommt er höhere Erträge und kann den maximalen Profit aus dem Feld schlagen. Wenn aber alle das tun, wird das Feld binnen einer Saison ruiniert sein.

Der Yale-Professor Dan M. Kahan hat dasselbe Phänomen in der Wissenschaft beobachtet.

Menschen interpretieren und konsumieren wissenschaftliche Informationen so, dass sie ihre bisherigen Überzeugungen bestätigen. Ein politisch rechts angesiedelter Bürger nimmt Informationen so auf, dass er seine Standpunkte festigen kann. Ein politisch links angesiedelter Bürger wird es ihm gleichtun.

Wie diverse Studien zeigen, führt diese Form der Informationsverarbeitung dazu, dass wir politisch gefärbte Standpunkte zu wissenschaftlichen Thematiken haben und in vielen Fällen entsprechen diese Standpunkte nicht dem Stand der Wissenschaft.

Gerade wenn es um wissenschaftliche Themen geht, die uns Menschen direkt betreffen, ist das gefährlich. Man denke an Themen wie den Klimawandel oder Impfungen.

Für das Individuum selbst ist es aber vollkommen rational, sich so zu verhalten. Denn der eigene Standpunkt zu wissenschaftliche Themen, wird in der Regel keinen großen Schaden anrichtetn. Nur weil man also selbst die Effektivität von Impfungen abstreitet, folgen daraus keine sofortigen Nachteile.

Im Gegensatz dazu, kann uns eine Einstellung, die dem Konsens unseres sozialen Umfelds widerspricht, sehr wohl schaden. Wir werden ausgestoßen, belächelt, müssen mühsame Diskussionen führen. Der Wissenschaft zu widersprechen, ist um Größenordnungen einfacher, als der eigenen sozialen Gruppe zu widersprechen.

Zum Weiterlesen:

https://science.sciencemag.org/content/sci/162/3859/1243.full.pdf

https://papers.ssrn.com/sol3/papers.cfm?abstract_id=2973067