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Sicherheitsillusion – Risiko & Unsicherheit

Auf eine Diagnose vom Arzt reagiert man mit Enttäuschung, Schock oder Freude – kaum jemand reagiert mit Zweifel über die Diagnoseverfahren. Wir halten die Ergebnisse von medizinischen Tests wie Röntgenverfahren und Co. in der Regel für sehr sicher und das trotz teilweise nicht unbeachtlicher Fehlerraten.

Der Psychologie-Professor Gerd Gigerenzer bezeichnet dieses Phänomen als die erste von zwei Sicherheitsillusionen – die Nullrisiko-Illusion.

Wir verwechseln risikoreiche Situationen mit Situationen, in denen es keine Risiken gibt. In Situationen, wo man also mit Logik und statistischem Denken agieren sollte, agieren wir ohne Denken.

Die zweite Illusion ist die Illusion des kalkulierbaren Risikos. In diesem Fall verwechselt man Risiko und Unsicherheit.

Bestes Beispiel hierfür ist die Weihnachtsgans. An den ersten paar Tagen bei ihrem neuen Besitzer fürchtet sie, dass er sie umbringen wird. Doch Tag für Tag füttert er die Gans, ohne ihr jemals auch nur ein Haar zu krümmen.

Da die Gans eine geübte Statistikerin ist, passt sie mit jedem Tag der vergeht die Wahrscheinlichkeit ihrer Ermordung an. Mit jedem Tag ohne Mord, wird also laut ihren Berechnungen die Ermordung unwahrscheinlicher.

Am 24. Dezember ist ihre Schlachtung also unwahrscheinlicher als jemals zuvor. Allerdings nur in der Welt des Risikos.

Die Gans lebt aber in einem Umfeld der Unsicherheit. Die Hauptgefahr des Weihnachtsfestes ist der Gans völlig unbekannt. Damit sind all ihre Berechnungen zwecklos.

Zum Weiterlesen:

Gigerenzer, Gerd: Risk savvy. How to make good decisions. New York: 2014. [i]

 

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