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Conjunction-Fallacy & Occams Rasierer

Linda ist eine Kassiererin.

Linda ist eine Kassiererin und in einer feministischen Bewegung aktiv.

Welche der beiden Aussagen ist wahrscheinlicher?

Laut den Studien von Daniel Kahneman halten gut 90% der Menschen die zweite Aussage für wahrscheinlicher. Logisch gesehen ist das natürlich falsch. Denn sobald Linda eine Kassiererin ist, stimmt die erste Aussage. Die zweite Aussage stimmt nur, wenn sie zusätzlich auch noch in einer feministischen Bewegung aktiv ist.

Das Linda-Problem dient immer wieder zur Illustration der Conjunction-Fallacy. Wir Menschen halten die Kombination zweier Aussagen für plausibler und darum auch für wahrscheinlicher als die einzelnen Aussagen. Logisch gesehen kann die Kombination zweier Aussagen jedoch höchstens genauso wahrscheinlich sein wie jede der Einzelaussagen – im Normalfall ist die Kombination sogar unwahrscheinlicher.

Selbst wenn man die Conjunction-Fallacy kennt, ist es unglaublich schwer, ihr im Alltag nicht zum Opfer zu fallen. Eine logische Verkettung von spezifischen Events oder Aussagen klingt einfach um Größenordnungen plausibler als die spezifischen Events und Aussagen an sich.

„Die Welt wird untergehen.“, klingt nach einem generischen und wenig geistreichen Statement in Bezug auf unsere Zukunft. „Die Welt wird untergehen, weil wir eine Künstliche Intelligenz entwickeln, die so viel Energie verbraucht, dass das Ökosystem zusammenbricht.“, klingt schon um einiges plausibler.[i]

Wie geht man mit der Conjunction-Fallacy um, wenn es nicht ausreicht, darüber Bescheid zu wissen?

Der Forscher und Autor Eliezer Yudkowsky empfiehlt in diesem Zusammenhang das Konzept von Occams Rasierer. Occams Rasierer ist ein potentes Denkwerkzeug für simple und prägnante Gedanken. Wenn man zwei Hypothesen für denselben Sachverhalt hat, ist laut Occams Rasierer jene Hypothese mit den wenigsten Annahmen zu bevorzugen.

Um der Conjunction-Fallacy zu entgehen, muss man also jedem Detail mit einer ordentlichen Portion Skepsis begegnen. In Anbetracht von Zukunftsprophezeiungen und Prognosemodellen ist die richtige Antwort auf zusätzliche Details und Annahmen ein innerliches Zusammenzucken sowie eine Abstufung der Wahrscheinlichkeit.

Ein weiterer hilfreicher Trick besteht darin, mehrteilige Aussagen in die Einzelteile zu zerlegen. Anstatt also auf die Gesamtaussage zu blicken, sieht man sich jede Komponente der Aussage an und hinterfragt die Wahrscheinlichkeit und Plausibilität dieser spezifischen Komponente.

Zum Weiterlesen:

Kahneman, Daniel: Thinking Fast and Slow. New York: 2011.

Yudkowsky, Eliezer: Map and Territory. Rationality: From AI to Zombies. Berkeley: 2018.

[i] Plausibler für Menschen die mit den Arbeiten von Bostrom und Co. vertraut sind. Für alle anderen: „Die Welt wird untergehen, weil ein gigantischer Asteroid mit der Erde kollidiert.“