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Patriotismus – ästhetische Krankheit

In meinem Artikel „Wohnung nicht Heimat“ erläutere ich, wieso die Wohnung viel essentieller ist als die Heimat. Kurz gesagt: Der Mensch kann heimatlos sein, er braucht aber immer eine Wohnung – einen Ort des Gewohnten, der ihm erlaubt, neue Informationen wahrzunehmen und das Alltägliche auszublenden.

Patrioten begehen den Fehler, Heimat und Wohnung zu verwechseln. Für sie ist nicht die Wohnung der Ort der Gewohnheit, sondern die Heimat. Laut Vilém Flusser führt diese Verwechselung zu einer ästhetischen Störung:

 „Sie empfinden daher ihre Heimat als hübsch, wie wir alle unsere Wohnung als hübsch empfinden. Und dann verwechseln sie die Hübschheit mit Schönheit. Diese Verwechslung kommt daher, daß die Beheimateten in ihre Heimat verstrickt sind und daher für das herankommende Häßliche, das etwa in Schönheit verwandelt werden könnte, nicht offen stehen. Patriotismus ist vor allem ein Symptom einer ästhetischen Krankheit.“ - Vilém Flusser in seinem Text „Wohnung beziehen in der Heimatlosigkeit“.

Damit definiert Flusser einen Patrioten als eine Person, die Heimat mit Wohnung verwechselt und deshalb nicht in der Lage ist, Neues als schön wahrzunehmen. Der Patriot ist ästhetisch gesehen krank.

Zum Weiterlesen:

Flusser, Vilém: Von der Freiheit des Migranten. Einsprüche gegen den Nationalsozialismus. Berlin: 2000. [i]

 

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