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Fehlschluss der Referenz

Trotz einer kleinen Gruppe an begeisterten Anhängern hat es weder Speed-Reading noch Speed-Listening zum Durchbruch geschafft.

Dabei liegen die Vorteile auf der Hand. Wenn ich mein Lesetempo verdopple, kann ich nicht nur zweimal mehr Bücher lesen – es halbiert sich auch der zeitliche Kostenaufwand eines jeden Buches um 50%.

Bücher, die keine 12 Stunden der eigenen Zeit wert sind, können aber sehr wohl 6 Stunden der eigenen Zeit wert sein. Man vergrößert also die Bandbreite an lesewürdigen Büchern.

Die gleiche Thematik gilt für Podcasts oder Hörbücher. Wer sie mit doppelter Geschwindigkeit hört, kann seinen Wissenszuwachs verdoppeln.

Aus diesem Blickwinkel heraus ist es für Speed-Reader und Speed-Listener vollkommen unverständlich, wie jemand die enormen Vorteile dieser Techniken ablehnen kann.

Die Antwort ist recht simpel und beschreibt einen Sachverhalt, der uns immer wieder begegnet: Der Fehlschluss des Referenzrahmens.

Denn sowohl Speed-Reading als auch Speed-Listening ist anfangs anstrengend und unangenehm. In vielen Fällen nimmt die Aufnahmefähigkeit sogar ab, weil der Fokus eher auf Tempo als auf Inhalt liegt.

Entsprechend fallen viele auf das Argument zurück, dass Speed-Listening/Reading unsinnig ist, weil man Bücher, Podcasts und Co. genießen und nicht einfach schnellstmöglich konsumieren soll.

Dieses Argument ist aus Sicht des Anfängers ein sehr starkes, weil es seiner eigenen Erfahrung entspricht.

Aus Sicht des geübten Speed-Readers ist dieses Argument recht unsinnig. So sind Spielfilme heutzutage um einiges schneller als Spielfilme vor 50 Jahren. Für einen Filmkonsumenten vor 50 Jahren würde ein heutiger Film übertrieben schnell wirken. Gleichzeitig würden wir uns bei vielen Filmen der Vergangenheit ziemlich langweilen.

Der Fehlschluss des Referenzrahmens bringt zwei Probleme mit sich.

Zum einen verhindert er die gelungene Kommunikation zwischen Neulingen und Experten. Denn Argumente, die für den Experten vollkommen absurd scheinen, wirken vom Referenzpunkt des Neulings durchaus sinnvoll.

Zum anderen zeichnen sich Thematiken, bei denen der Fehlschluss des Referenzrahmens auftritt, durch Eintrittsbarrieren aus. Man muss also einige Bücher schneller lesen, als einem lieb ist und einige Podcasts schneller hören als gewohnt. Erst wenn man diese Hürden überschritten hat, befindet man sich in einem neuen Referenzrahmen und kann die vollen Vorteile auskosten.

Zum Weiterhören:

https://www.youtube.com/watch?v=Fk3csAdegBI