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Cloud-Computing - Klimasünder

«Jeder weiß, dass die großen Tech-Konzerne rund um Google, Amazon und Microsoft große Klimasünder sind. Mit ihren riesigen stetig wachsenden Datenzentren tragen sie entscheidend zum Voranschreiten des Klimawandels bei.»

Doch wie so oft ist das, was jeder weiß, nicht gerade die beste Annäherung an die Realität. In einem kürzlich erschienenen Paper „Recalibrating global data center energy-use estimates.“ warnen einige amerikanische Wissenschaftler vor zu stark vereinfachten Modellen und dem fehlenden Blick auf die empirischen Fakten.

Datenzentren sorgen für rund 1% des globalen Elektrizitätsverbrauchs und die Branche wächst stark. Von 2010 auf 2018 hat sich der globale Rechenbedarf von Datenzentren mehr als versechsfacht, der Internet-Traffic hat sich mehr als verzehnfacht, die Speicherkapazität der Datenzentren ist um 2500% angestiegen. Mit Blick auf diese Wachstumsraten ist die einzige logische Conclusio, dass der Energiebedarf in diesem Zeitraum enorm angestiegen sein muss und die Datenzentren sich in den nächsten Jahren zu einem der großen Umweltprobleme unserer Zeit entwickeln werden.

Doch dem ist nicht so. Von 2010 auf 2018 ist der Energieverbrauch von Datenzentren um nur circa 6% angestiegen und das nicht pro Jahr, sondern insgesamt.

Grund dafür? Erstens gab es einen großen Umschwung in der Infrastruktur, für den unter anderem auch die großen Tech-Giganten rund um Amazon und Microsoft verantwortlich sind. Stand 2018 laufen 89% aller Rechenvorgänge in großen Datenzentren von Cloud-Anbietern ab. 2010 fanden noch 79% der Rechenvorgänge in kleinen privaten Datenzentren statt. Das hat deshalb einen großen Vorteil für die Umwelt, weil die großen Datenzentren enorm auf Effizienz ausgelegt sind. Die bekannten Cloud-Anbieter rüsten ständig auf, um das schnellste und effizienteste Equipment in den eigenen Zentren zu haben, was einen Wettbewerbsvorteil in diesem heiß umkämpften Markt bedeutet.

Und genau bei diesem Equipment gab es im Zuge der letzten Jahre drastische Fortschritte. Prozessoren sind aus Sicht des Energieverbrauchs Stand 2018 viermal so effizient wie noch 8 Jahre zuvor. Was die Speichersysteme betrifft ist die Effizienz im selben Zeitraum um einen Faktor von 9 angestiegen.

Natürlich ist klar, dass diese Effizienzsteigerungen nicht von ungefähr kommen und signifikante Investitionen nötig sind. Gerade diese Investitionen werden aber durch die harte Wettbewerbslandschaft im Cloud-Computing-Bereich begünstigt. Die meisten Wissenschaftler gehen deshalb davon aus, dass man auch in den nächsten Jahren damit rechnen kann, dass der erhöhte Bedarf nach Datenzentren und Rechenleistung aus Sicht des Energieverbrauchs durch Effizienzsteigerungen ausgeglichen werden wird.

Aus dieser Studie lässt sich dabei wieder einmal die Lehre ziehen, dass man mit Kausalbeziehungen und auf ihnen basierenden logischen Schlussfolgerungen vorsichtig sein muss. Denn es ist natürlich vollkommen logisch den steigenden Bedarf nach Datenzentren mit einem steigenden Energieverbrauch selbiger in direkte Verbindung zu bringen. Doch nicht alles was logisch ist, ist auch richtig.

Zum Weiterlesen:

https://science.sciencemag.org/content/367/6481/984/tab-pdf