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Repression, Korruption und Schulden

Einer korrupten und repressiven Regierung Geld zu leihen, klingt nach keiner sonderlich weisen Idee. Die korrupten Politiker verwenden das geliehene Geld ohnehin nur für ihre eigenen Interessen – das Volk geht leer aus.

Allerdings gibt es Umstände, unter denen die Bevölkerung von den Krediten ihrer ausbeuterischen Herrscher profitieren kann – so die These von Viral V. Acharya und Kollegen in ihrem Paper „When is debt odious? A theory of repression and growth traps”.[i]

Wenn ein Investor einem Land Geld leiht, spielen zwei Faktoren eine Rolle:

1.       Die wirtschaftliche Fähigkeit des Landes, die Schulden zurückzuzahlen.

2.       Die politische Bereitschaft, die Schulden zurückzuzahlen.

Die wirtschaftliche Fähigkeit hängt ganz einfach von der finanziellen Lage des jeweiligen Staates ab. Wenn die Nation stark wächst und hohe Steuereinnahmen generiert, ist diese Fähigkeit hoch.

Die Bereitschaft, die Schulden zu zahlen, hat hingegen eher wenig mit der tatsächlichen Finanzlage zu tun. Es geht nur darum, ob es für die korrupten Politiker profitabler ist, die Schulden zurückzuzahlen oder den Staat in den Konkurs zu stürzen.

Dabei ist wichtig zu beachten, dass auch der Staatsbankrott für die Politiker mit Kosten verbunden ist. Wenn eine Insolvenz der Nation die lokalen Unternehmen und Staatsbürger in eine Krise stürzt, sinken nämlich die Steuereinnahmen. In manchen Fällen muss die Regierung Unternehmen sogar aus der Krise retten.

Je höher also die Wahrscheinlichkeit, dass die Staatsinsolvenz auch die Binnenwirtschaft in eine Schieflage bringt, desto höher die Kosten des Konkurses.

Diese Wahrscheinlichkeit ist natürlich besonders hoch, wenn die Bürger und nationalen Unternehmen viel Geld in Staatsanleihen investiert haben. In diesem Fall ist ihr Kapital direkt vom Staatsbankrott betroffen.

Für die Politiker geht es immer nur darum, so viel Geld wie möglich für die eigenen kurzfristigen Interessen zu lukrieren. Es gibt allerdings Umstände, unter denen diese kurzfristigen Interessen sich mit den langfristigen Interessen der Bürger decken.

Dazu ein Beispiel.

In einem Staat gibt es sehr viele sparsame Bürger und Unternehmen, die viel Geld in die nationalen Staatsanleihen investieren. Wie vorher besprochen sind in so einem Staat die Kosten des Konkurses für die korrupten Politiker ziemlich hoch. Das wissen auch die ausländischen Investoren. Sie machen sich also um die politische Bereitschaft, die Schulden zurückzuzahlen, keine großen Sorgen.

Für sie ist viel mehr entscheidend, ob der Staat in der wirtschaftlichen Lage ist, Schulden zurückzuzahlen. Um die Investoren davon zu überzeugen, werden die Politiker versuchen, das wirtschaftliche Wachstum anzutreiben. Sie werden Steuern senken, um Investitionen anzukurbeln und andere positive Maßnahmen durchsetzen.

In diesem Fall führen ausländische Kredite zu einem vorteilhafteren Verhalten der korrupten Politiker.

Doch diese Konstellation ist nicht die einzige Möglichkeit.

In einem anderen Staat sind die Bürger und Unternehmen weniger sparsam und investieren entsprechend wenig in die nationalen Staatsanleihen. In diesem Fall sind die Kosten des Konkurses für die Politiker ziemlich gering. Das wissen auch die ausländischen Investoren, die sehr starke Bedenken über die Zahlungsbereitschaft des Staates haben.

Also müssen die Politiker versuchen, die Kreditgeber von ihrer Bereitschaft zu überzeugen. Dazu erhöhen sie die Steuern und fordern Bürger sowie Unternehmen dazu auf, weniger zu investieren und konsumieren. Stattdessen sollen alle Staatsanleihen kaufen.

Dadurch entsteht eine Abwärtsspirale und die Bürger leiden enorm unter den Kreditambitionen ihrer korrupten Herrscher.

Ob sich Fremdkapital negativ oder positiv auf die wirtschaftliche Entwicklung eines Staates auswirkt, hängt also nicht unbedingt von der Gesinnung der Politiker ab. Vielmehr sind es die Umstände der lokalen Wirtschaft, die über die positive bzw. negative Auswirkung entscheiden.[ii]

Zum Weiterlesen:

https://papers.ssrn.com/sol3/papers.cfm?abstract_id=3555496

[i] Es handelt sich hierbei vor allem um eine theoretische Betrachtung, die mit einem spieltheoretischen Modell unterlegt wird. Die Autoren nehmen zwar den ein oder anderen Abgleich mit der empirischen Realität vor, die Theorie befindet sich aktuell aber doch noch im Raum des Abstrakten.

[ii] Genauer gesagt: Selbst wenn die Politiker gleichsam korrupt sind, können die Umstände dazu führen, dass Fremdkapital in manchen Staaten positive und in anderen negative Effekte mit sich bringt.