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Außenperspektive: Die Lieferkette der COVID-19-Impfungen von Pfizer-BioNTech und Moderna

Dieser Text ist die Übersetzung des herausragenden Artikels “Exploring the Supply Chain of the Pfizer/BioNTech and Moderna COVID-19 vaccines” von Jonas Neubert und Cornelia Scheitz. Letztes Update: 6. Februar 2021.

Bert Huberts exzellenter und mittlerweile weltbekannter Artikel „Dekonstruktion des Programmcodes des BioNTech/Pfizer SARS-CoV-2 Impfstoffes“, verwandelte über Nacht hunderte Software-Ingenieure in vermeintliche Impfexperten. Denn irgendwie hat er es geschafft, die Funktionsweise der mRNA innerhalb des neuen Pfizer-BioNTech COVID-19-Impfstoffes auch jenen näher zu bringen, die mehr von Software als von Molekularbiologie verstehen.

Sein Artikel beschäftigt sich vor allem mit den biologischen Hintergründen der COVID-19-Impfung von Pfizer-BioNTech, deren Zusammenhang mit dem Virus und Funktionsweise im menschlichen Körper. Doch es gibt einen merkenswerten Satz in Bezug auf die Produktion der Impfungen:

„Ganz zu Beginn der Impfstoffproduktion wurde dieser Code an einen DNA-Drucker geschickt (wirklich!), welcher dann die digitale Information in tatsächliche DNA-Moleküle übersetzt hat.“

Unter diesem Zitat findet sich ein Bild des DNA-Druckers CodexDNA BioXP, welcher damit beworben wird, maßgeschneiderte DNA-Fragmente mit bis zu 7000 Basenpaaren zu produzieren. Ist das also die nächste große Revolution auf dem Gebiet des Distributed Manufacturing? Nachdem wir mit 3D-Druckern kleine Plastikfiguren produziert haben, stellen wir jetzt mit DNA-Druckern COVID-19-Impfungen in unseren eigenen vier Wänden her?

Die kurze Antwort: Keiner wird in nächster Zeit mRNA-Impfungen in der eigenen Garage herstellen.

Der folgende Text ist eine Sammlung von Notizen, die ich im Zuge meiner intensiveren Auseinandersetzung mit dem Produktions- und Distributionsprozess der beiden COVID-19-Impfungen verfasst habe.

Der Text wurde an einigen Abenden im frühen Januar 2021 verfasst und behandelt die beiden aktuell in den USA zugelassenen Impfungen: Eine von Pfizer-BioNTech und eine von Moderna. Diverse andere mRNA basierte COVID-19-Impfungen sind in unterschiedlichsten Stufen klinischer Testungen und werden sich von den hier besprochenen Impfungen mehr oder weniger stark unterscheiden.

Mir sind mit ziemlicher Sicherheit einige Fehler unterlaufen. Zögert also nicht inhaltliche Korrekturen und Anregungen zum Artikel an jn@jonasneubert.com zu schicken. Kritik an der Übersetzung bitte an noah@noahleidinger.com senden.

Die Zutaten

Die Liste an Zutaten ist ein guter Ausgangspunkt, um die Lieferkette eines Produkts zu verstehen. Die Inhaltsstoffe der Pfizer-BioNTech und Moderna Impfungen sind öffentlich erhältlich und wurden bereits ausführlich diskutiert.

Die Pfizer-BioNTech Impfung ist auch unter ihrem Codenamen „BNT162b2“, dem eingetragenen Markennamen „Corminaty“ sowie dem international nicht geschützten Namen „Tozinameran“ bekannt. Die Inhaltsstoffe werden in diesem Artikel des MIT Technology Review (auf Englisch) übersichtlich zusammengefasst, eine deutsche Zutatenliste findet man unter anderem in den offiziellen Gebrauchsinformationen von Pfizer-BioNTech. Außerdem gibt es eine Wikipedia-Seite.

Die Moderna Impfung ist auch als „mRNA-173“ bekannt, aber scheint keinen anderen Markennamen als „Moderna COVID-19-Impfung“ zu haben – zumindest steht dieser Name auch auf der Produktverpackung. Die Zutatenliste findet sich unter anderem auf dem deutschen Informationsblatt von Moderna. Auch die Moderna Impfung hat bereits eine Wikipedia-Seite.

Die beiden Impfungen haben einige aber nicht alle Zutaten gemein. Die folgende Tabelle ist ein Versuch, die verfügbaren Informationen zu sortieren und vergleichen.

Die Pfizer-BioNTech Impfung muss kurz vor der Injektion noch mit Natriumchlorid verdünnt werden (mehr dazu später). Die Moderna Impfung benötigt keinen derartigen Zusatzschritt.

Nachdem wir alle Zutaten zusammen haben, können wir einkaufen gehen.

Disclaimer: Bitte experimentiere mit keinen Chemikalien oder pharmazeutischen Produkten, insofern du dafür nicht das nötige Sicherheitstraining und Equipment besitzt. Ich werde im Folgenden auch Links zu Online-Shops anführen, die allerdings nur für Forschungszwecke verkaufen und deine Verbindung zu akademischen Organisationen überprüfen, bevor du etwas kaufen kannst.

mRNA

Um RNA zu produzieren, musst du erstmal DNA herstellen. Ganz gemäß dem – hier etwas vereinfacht dargestellten – Zentralen Dogma der Molekularbiologie gilt also „DNA macht RNA, RNA macht Protein“. Die DNA-Produktion ist ein standardmäßiger Prozess, der in 3 Schritten erfolgt:

  1. Kreieren: Synthetisiere eine kleine Anzahl an Kopien der gewünschten DNA. Für diesen Prozess gibt es spezialisierte Lieferanten wie beispielsweise Twist Bioscience, die nur wenige Meter von meinem ehemaligen Apartment in San Francisco entfernt ansässig sind oder Integrated DNA Technologies in Coralville, Iowa.

  2. Kopieren:

    1. Schleuse die DNA in unschuldige E. coli Bakterien ein. Das funktioniert bspw. per Elektroporation, also indem du die Bakterien elektrisierst. E. coli Bakterien sind winzige Organismen, die mit der gesamten Maschinerie zum Kopieren bestimmter DNA-Sequenzen ausgestattet sind.

    2. Gib diese Bakterien in eine Edelstahlkammer voller Nährstoffe und schau ihnen vier Tage bei der Vermehrung zu.

    3. Entleere die Kammer, töte die Bakterien und extrahiere die DNA. Abhängig von der Größe der Wachstumskammer kann dieser Prozess (Schritte 2.1., 2.2 und 2.3) eine Woche oder länger dauern.

  3. Verifizieren: Überprüfe in mehreren Tests, ob du auch die gewünschte DNA erhalten hast. Ich werde an dieser Stelle nicht erklären, wie man das Vorhandensein spezifischer DNA-Sequenzen testet, das habt ihr ja wahrscheinlich schon vor 9 Monaten bei der Recherche zur Funktionsweise von COVID-19-Tests gelernt.

Das Resultat sind einige Gramm an DNA. Das Ziel sind einige Säcke voll mRNA. mRNA ist aus dreierlei Gründen die meistdiskutierte Zutat der Impfungen:

  1. mRNA ist der Wirkstoff der Impfung.

  2. Es handelt sich um den ersten Fall, dass eine mRNA-Impfung zugelassen und massenproduziert wird.

  3. Die Fähigkeiten und Infrastruktur zur Massenproduktion von mRNA sind neu.[1] Der Umwandlungsprozess von DNA zu mRNA in lebenden Zellen ist zwar ausführlich erforscht. Das Ganze in großen Mengen, in einer Fabrik und mit einer möglichst langen Haltbarkeit zu tun, ist eine Herausforderung, deren Lösung noch in ihren Kinderschuhen steckt. Zum Vervielfachen der DNA konnten wir auf E. coli Bakterien zurückgreifen – ein kleiner Organismus der genialerweise mit allen Komponenten zur Vermehrung von DNA ausgestattet ist. Derselbe Prozess funktioniert aber nicht zur Herstellung der mRNA. Stattdessen wird die DNA mit Nukleotiden und Polymerase kombiniert – in manchen Fällen werden auch noch einige spezielle Enzyme hinzugefügt, die die mRNA beschützen.[2]

  • Nukleotide sind die Rohbausteine der mRNA.

  • RNA-Polymerasen lesen DNA und übersetzen sie mithilfe der Nukleotide in mRNA.

  • Eine Methode, um die mRNA von Degradierung zu schützen – entweder während oder nach der Transkription.

Um sicherzustellen, dass das Immunsystem die fremde mRNA nicht angreift, wird jedes Uracil (der Buchstabe U in der RNA-Sequenz) durch 1-Methyl-3’-Pseudouridylyl (auch als N1-Methylpseudouridin bekannt) ersetzt. Pseudouridylyl ist dem bekannteren Pseudouridin zwar phonetisch sehr ähnlich, chemisch sind die beiden Moleküle aufgrund einer zusätzlichen Methyl-Gruppe aber sehr unterschiedlich.[3] 1-Methyl-3’-Pseudouridylyl kann von beispielsweise von TriLink oder JenaBiosciences gekauft werden. Sowohl BioNTech als auch Moderna lizensieren das Molekül aber wahrscheinlich von der University of Pennsylvania[4] und produzieren es selbst.

Die Substitution durch Pseudouridylyl ist ein cleverer Trick, um unter dem Radar des Immunsystems zu fliegen. Allerdings kann man die mRNA in diesem Zustand noch nicht als Wirkstoff einsetzen. mRNA ist an den Enden nicht sonderlich stabil. Wenn du das erste und letzte Wort eines Satzes verlierst, geht mitunter die gesamte Bedeutung verloren. Dasselbe könnte hier passieren und die Impfung würde nicht mehr die gewünschte Wirkung erzielen.

Um den Anfang der mRNA zu schützen, wird eine 5‘-Cap-Struktur hinzugefügt. Um das zu tun, während die mRNA transkribiert wird (kotranskriptional), fügt man ein Analogon der 5‘-Cap-Struktur zum Reaktionsmix hinzu. Diese Struktur wird von der Polymerase in die mRNA integriert, sobald der entsprechende Promoter (spezifische Sequenz zur Initiierung der Transkription) von der Polymerase gelesen wird. Es gibt nur einen Anbieter dieses Analogons – TriLink und das Partnerunternehmen tebu-bio für den europäischen Markt. Posttranskriptional funktioniert dieser Prozess mittels einer mRNA Cap 2′-O-Methyltransferase und dem Vaccinia-Capping-Enzym (VCE).[5] Die kotranskriptionale Methode ist grundsätzlich besser für industrielle Prozesse geeignet, weil sie schneller ist und man sich zusätzliche Purifikationsschritte spart. Im Investorenupdate vom Juli 2020 sprach BioNTech davon, TriLinks Analogon zu verwenden, was die Vermutung nahe legt, dass dieses Analogon Teil des zugelassenen Impfstoffes ist. Schlussendlich können sowohl das Analogon als auch das VCE Kosten in die Höhe treiben und einen potentiellen Engpass darstellen, insofern deren Produktion nicht entsprechend erhöht wird.[6]

Um das Ende der mRNA zu schützen, fügt man einen Poly(A)-Schwanz hinzu – entweder indem man ihn in der DNA-Vorlage enkodiert oder durch die Verwendung von Poly(A)Polymerase. Sowohl BioNTech als auch Moderna greifen auf die schnellere und einfachere Methode mit der DNA-Vorlage zurück.

Abgesehen von der mRNA sind alle Zutaten des Impfstoffes pharmazeutische Hilfsstoffe – Stoffe deren Zweck darin besteht, den Wirkstoff von der Fabrik in die Zellen des menschlichen Körpers zu transportieren.

Lipide

Lipide sind Fett-Moleküle. Jede der beiden Impfungen enthält vier Lipid-Typen: Cholesterin, Phosphatidylcholin, ein ionisierbares katonisches Lipid und PEGylierte Phospholipide. Im Impfstoff formen diese Lipide eine Kapsel rund um die RNA, welche als Lipidnanopartikel (LNP) bezeichnet wird und die RNA schützt, bis sie im Inneren einer menschlichen Zelle angelangt ist. In diesem Abschnitt geht es aber nicht um den LNP, sondern um dessen Zutaten – also die einzelnen Lipide.

Sowohl Pfizer-BioNTech als auch Moderna nutzen dieselben strukturellen Komponenten, die bereits in vielen anderen Medikamenten zur Anwendung kommen.

  • Distearoylphosphatidylcholin (DSPC), ist eine Kernkomponente der Doppellipidschicht, welche die mRNA schützt.

  • Cholesterin ist dem menschlichen Körper bestens bekannt und wird im Impfstoff verwendet, um eine optimale Formierung und Struktur des Liposoms zu erreichen.

Die anderen beiden Lipide werden verwendet, um die LNP für deren Transport- und Lieferfunktion zu optimieren.[7] Es handelt sich bei ihnen um neue oder zumindest ungewöhnliche Bestandteile von Medikamenten.

  • Kationische, bzw. positiv geladene, Lipide binden sich während der Formierung an die negativ geladene mRNA und helfen so, sie zu stabilisieren. Einmal in der Zelle angekommen, löst der andere pH-Wert in den Zellen die Freisetzung der mRNA aus.

    • Pfizer-BioNTech nutzt zu diesem Zweck ALC-3015, welches von Acuitas Therapeutics, Inc. patentiert wurde[8] und das meistvorhandene Lipid in der Mischung ist.[9]

    • Moderna hat ein firmeneigenes Molekül namens Lipid SM-102. Unter Umständen ist das Molekül aber gar nicht so proprietär, weil es eventuell von einem Patent des Unternehmens Arbutus Biopharma gedeckt ist.[10] Im Protokoll einer klinischen Studie der dritten Phase wird das Lipid von Moderna als „heptadecan-9-yl 8-((2-hydroxyethyl) (6-oxo-6-(undecyloxy)hexyl)amino)octanoate“ definiert und als „proprietäres ionisierbares Lipid“ bezeichnet. 2018 publizierten Forscher von Moderna ein Paper bei Cell, welches 10 neue Lipide vorstellt – SM-102 ist eines von ihnen. Das Paper hat auch einen Synthese-Teil sowie einen Abschnitt zu weiterführenden Informationen – jemand mit mehr Hintergrundwissen als ich, kann die Lipide also eventuell selbst reproduzieren. Alle anderen, werden sie kaufen müssen, beispielsweise bei der Organix Inc. für 5000 Dollar pro 100 Milligramm. (Update: dieser Link funktioniert nicht mehr, hier ein Schnappschuss vom 19. Januar 2021)

  • PEGylierte Phospholipide helfen dabei, den LNP zu stabilisieren und vor verfrühter Erkennung durch unsere Immunsystem zu schützen. Sie stellten also sicher, dass die LNP und damit auch die mRNAs ihr Ziel erreichen.

    • Pfizer-BioNTech nutzt ALC-0159.

    • Moderna nutzt DMG-PEG 2000, auch als 1,2-Dimyristoyl-rac-Glycero-3-Methoxypolyethylenglykol-2000 bezeichnet, welches man beispielsweise von Sigma Aldrich kaufen kann.

Die LNP sind ein zentraler Baustein des Impfstoffes und dessen Effizienz. Die spezifische Kombination der Lipide ist höchstwahrscheinlich der Grund dafür, dass die Nanopartikel von Moderna die mRNA auch bei höheren Temperaturen vor der Degradierung schützen können.

Puffer

Der pH-Wert des Impfstoffes ist entscheidend, weil ein zu hoher oder niedriger Wert den Wirkstoff zerstören kann. Der Begriff Puffer beschreibt eine Substanz, die den pH-Wert einer Lösung nahezu konstant hält.

PBS (Phosphatgepufferte Salzlösung) ist ein vielfach verwendeter Puffer, der aus Natriumchlorid, Kaliumchlorid, Kaliumdihydrogenphosphat und Natriummonohydrogenphosphat 2H2O besteht. Der aufmerksame Leser wird all diese Stoffe bereits bei den Inhaltsstoffen des Pfizer-BioNTech-Impfstoffes gesehen haben.

Die Kombination von Trometamol und Trometamolhydrochlorid, die sich in den Inhaltsstoffen der Moderna Impfung findet, ist gemeinhin als Tris-Puffer bekannt und wird ebenfalls häufig als Puffer verwendet. Natriumacetat kombiniert mit Essigsäure ist ein anderer weithin bekannter Puffer, der im Moderna Impfstoff zum Einsatz kommt.

Alle drei Puffer sind weithin bekannt und liefern auf Google Scholar Ergebnisse im sechstelligen Bereich. PBS ist in gewisser Weise das Mädchen für alles und kann in verschiedensten Anwendungsfällen verwendet werden. Der Tris-Puffer sowie die Kombination von Natriumacetat und Essigsäure sind spezifische Puffer für Nukleinsäuren. Diese Stoffe sind beide in ausgiebiger Menge vorhanden und die Kosten sind im Vergleich zu den anderen Stoffen nicht der Rede wert. Wissenschaftler, die den Tris-Puffer in ihrem Labor verwenden, würden Tris Base von einem Anbieter wie Sigma Aldrich kaufen, es mit Wasser mischen und den pH Wert mithilfe von Chlorwasserstoff anpassen.[11] Für größere Mengen würde man mit einem spezialisierten Fertigungsbetrieb zusammenarbeiten.

Zucker

Sucrose – das Zuckermolekül – dient im Impfstoff dazu, die anderen Komponenten vor mögliche Schäden durch die Tiefgefrierung zu schützen. In beiden Impfstoffen ist Sucrose – abgesehen vom Wasser - die mit Abstand größte Komponente, was den Gewichtsanteil betrifft. Im Impfstoff von Moderna beträgt die Sucrose-Konzentration 87 mg/ml. Das legt die Vermutung nahe, dass der Impfstoff süß schmeckt.

Zu guter Letzt kommt noch Wasser dazu und dann ordentlich durchrühren? Nein, bitte nicht durchrühren. Laut Vorgaben von Pfizer-BioNTech soll man die Ampulle zügig zehnmal von oben nach unten rotieren, um die Inhaltsstoffe ordnungsgemäß zu vermischen. Und keine Sorge, die LNP werden bei diesem Vorgang nicht zerstört.

Wenden wir uns also dem nächsten Thema zu: Wie bringt man all diese Inhaltsstoffe zusammen, um Impfstoffe im industriellen Maßstab herzustellen?

Produktion

Sowohl Pfizer-BioNTech als auch Moderna haben zwei großteils unabhängige Lieferketten in Europa und den USA. Das macht aus zweierlei Hinsicht Sinn. Zum einen kann dadurch eine maximale Nutzung der verfügbaren Produktionskapazitäten garantiert werden, zum anderen erreicht man durch Redundanz die nötige Resilienz. Wie einige Bloomberg-Journalisten kritisch anmerken, wird durch die Trennung der Lieferketten außerdem die protektionistische Tendenz gewisser Regierungen befriedigt. In der Tat ist es so, dass die USA „so gut wie nichts" exportieren,[12] wie die deutsche Kanzlerin Merkel in einem Interview anmerkte. Außerdem verbieten die Verträge mit den Produzenten, dass Impfstoffe von Europa in die USA geschickt werden – beispielsweise Modernas Vertrag mit Lonza. [13b]

Der Produktionsprozess nimmt, angefangen bei der Herstellung des Wirkstoffes (der mit der DNA Synthese beginnt) endend beim Füllen und Verpacken der fertigen Ampullen, einige Wochen in Anspruch. Zwischen der fertigen Entwicklung des Moderna Impfstoffes und der Ankunft der ersten Proben zur Phase 1 der klinischen Studien vergingen 42 Tage.[13] Die letzten 14 dieser 42 Tage wurden damit verbracht, die Ergebnisse eines Keimfreiheitstest abzuwarten.

Eine Randnotiz zur Beziehung von BioNTech und Pfizer: BioNTech ist der ursprüngliche Entwickler von mehreren potentiellen COVID-19-Impfungen. Im März 2020 verkündete das Unternehmen die Kollaboration mit Pfizer, welche die Zusammenarbeit bei der Abwicklung der klinischen Studien, der Entwicklung des finalen Impfstoffes und alle anderen Schritten auf dem Weg zu einer globalen Distribution inklusiver Produktion, Logistik, Finanzen und Marketing, beinhaltet.[14] Pfizer besitzt die Marketing- und Distributionsrechte für alle Länder dieser Welt abgesehen von drei nennenswerten Ausnahmen.[15] Die drei Ausnahmen sind: Deutschland und Türkei, wo BioNTech selbst vermarket und distribuiert, sowie China, wo das Unternehmen Shanghai Fosun Pharmaceutical die Marketingrechte besitzt.[16] Den Rohertrag, der außerhalb von China erwirtschaftet wird, teilen sich BioNTech und Pfizer fifty-fifty.[17]

Fun-Fact: BioNTechs Hauptsitz hat die Adresse “An der Goldgrube 12”.

DNA-Produktion

Pfizers US-Lieferkette beginnt in St. Louis, Missouri, wo irgendwo in ihrem mehr als 23.000 Quadratmeter großen Labor- und Produktionsgebäude E. coli Bakterien hart daran arbeiten, DNA Plasmide zu klonen. Die resultierende DNA wird durch eine Reihe an Filtrierungsschritten purifiziert.[17b]

Insofern die Qualitätskontrollen positiv ausfallen, wird die linearisierte DNA – in Chargen von jeweils einem Gramm – zur nächsten Produktionsstätte geschickt. Für diesen Transport benutzt Pfizer mitunter den firmeneigenen Jet oder Helikopter.

Moderna hat die DNA-Produktion an das Schweizer Unternehmen Lonza ausgelagert.[18] Lonza übernimmt auch gleich den nächsten Schritt, namentlich die Produktion der RNA auf Basis der DNA. Diesen Prozess führt Pfizer in einer separaten Produktionsstätte durch – mehr dazu gleich.

Lonza hat zwischen Abschluss des Kollaborationsvertrages mit Moderna im Mai 2020 und dem Jänner 2021 vier identische Produktionsstätten aus dem Boden gestampft.[19] Eine dieser Produktionsstätten befindet sich in Portsmouth, New Hampshire, und hat im Juli mit der Produktion begonnen. Die drei weiteren Produktionslinien wurden in einem leeren Gebäude in der Nähe von Lonzas Hauptsitz in Visp, Schweiz, aufgebaut. Das Ziel in Visp besteht darin, täglich RNA für 800.000 Dosen zu produzieren. Modernas Vertrag mit Lonza legt fest, dass Impfungen, die in Visp oder irgendwoanders außerhalb der USA produziert werden, niemals in die USA geschickt werden dürfen.

Seit 2018 betreibt Moderna eine zweistöckige Produktionsstätte in Ausmaß eines Football-Feldes in Norword, Massachusetts. Die mRNA für alle bisherigen klinischen Studien von Moderna wurde hier produziert.[20]

mRNA-Produktion

Um einige Gramm an DNA in einige Säcke voll mRNA zu verwandeln, wird die DNA mit Nukleotiden und Polymerasen verbunden, wie im Abschnitt zu den Inhaltsstoffen bereits erläutert. Praktisch gesprochen heißt das: Alle drei Komponenten (sowie zusätzliche Stoffe wie Wasser) kommen in einen Bioreaktor, wo die Transkriptionsreaktion ablaufen kann. Prozessentwickler müssen entscheiden, zu welchem Zeitpunkt welche Zutaten in welcher Menge in den Bioreaktor hinzugegeben werden. Darüber hinaus muss man auch entscheiden, wie das Ganze gemischt werden soll (schütteln oder rühren?) und weitere derartige Parameter einstellen. Traditionellerweise nehmen solche Bioreaktoren die Form eines großen Edelstahltanks mit diversen Eingängen, Ausgängen und Sensoren. Bioreaktoren zur Einmalnutzung werden immer populärer – beispielsweise weil dadurch verhindert wird, dass Überreste sich negativ auf neue Mischungen auswirken. (Sprich: kann keine Spuren von Nüssen enthalten). Nachdem die Reaktion abgelaufen ist, werden Überreste entfernt, ein Purifikationsprozess durchgeführt und zum Schluss bleibt die reine mRNA über. Somit haben wir den fertigen Wirkstoff und damit die erste Substanz unsere Zutatenliste.

Im Falle von Pfizer wird die DNA von St. Louis zu einem weiteren Pfizer-Standort in Andover, Massachusetts, oder zu BioNTech in Deutschland geschickt, um die Konvertierung zur mRNA durchzuführen. Laut Medienberichten wird die fertige mRNA in Säcken im Ausmaß großer Einkaufsbeutel eingefroren.[21] Es scheint realistisch, dass diese Säcke in Wahrheit die Einmal-Bioreaktoren sind, in denen die mRNA produziert wurde. Das französische Unternehmen Sartorius Stedim Biotech ist ein Lieferant von BioNTech[22] und vermarktet Flexsafe RM Bags (erhältlich mit einem Volumen von bis zu 200 Litern) zur Nutzung in der Impfstoffproduktion. Es scheint also realistisch, dass Pfizers Säcke eine ähnliche Form annehmen.

Die Purifikation und finale Konzentrierung der von BioNTech produzierten mRNA übernimmt Rentschler Biopharma in Laupheim, Deutschland.[23] Rentschler hat ein Tochterunternehmen in Milford, Massachusetts, in der relevanten Pressemitteilung wird aber nur Laupheim erwähnt. Pfizer und Lonza führen diese beiden Schritte entweder selbst (in Andover, Portsmouth und Visp) durch oder ich konnte die Infos zu ihren jeweiligen Partnerschaften einfach nicht finden.

mRNA-Produktion wurde noch nie in jener Größenordnung betrieben, die für die COVID-19 Impfstoffe nötig ist. Daraus folgt, dass es sich um die risikoreichste Komponente der Lieferkette handelt. Aus Sicht des Materials sind einige Enzyme zum Stabilisieren der mRNA nur im beschränkten Ausmaß verfügbar.[24] Aus Sicht der Infrastruktur, haben die spezialisierten Produktionsstätten und Fachkräfte bisher nur mit kleinen Forschungsmengen hantiert.[25]

Lipid-Produktion

Pfizer bezieht alle vier Lipide vom britischen Unternehmen Croda international. Die Presseaussendung spezifiziert, dass die Produktion vom kürzlich akquirierten Tochterunternehmen Avanti Polar Lipids, ansässig in Alabaster, Alabama, übernommen wird.

Moderna bezieht alle Lipide vom deutschen Unternehmen CordenPharma.[26] Eine Produktionsstätte in Boulder, Colorado, wurde vor kurzem ausgebaut und kann jetzt 400kg pro Charge produzieren.[27] Außerdem gibt es zwei weitere Produktionsstätten in Liestal, Schweiz, und Chenôve, Frankreich, welche Lipide für Moderna produzieren sollen.

Lipidnanopartikel-Assemblierung

Willkommen beim Flaschenhals der mRNA-Impfstoffproduktion! Hier werden mRNA und Lipide zu Lipidnanopartikeln kombiniert. Die Anzahl an Fachkräften, die Lipide und mRNA so kombinieren können, dass ein Lipidnanopartikel entsteht, liegt womöglich im niedrigen dreistelligen Bereich. Und die Maschinen, um diesen Prozess durchzuführen, sind keine Maschine, sondern individuell zusammengestellte Laborsetups. Das sieht dann zum Beispiel so aus.

Die Essenz des Problems: Man muss nicht nur die vier Lipide so mit der mRNA kombinieren, dass die schützende Hülle des Lipidnanopartikels entsteht, sondern das Ganze auch noch in einer reproduzierbaren Art und Weise und in industriellem Maßstab tun. Natürlich kannst du die vier Lipide und mRNA einfach in deinen Vitamix werfen und das Smoothie-Programm starten – Resultat wird aber ein ungustiöser Smoothie anstelle eines mit mRNA gefüllten Lipidnanopartikels sein. Essentiell bei dem Prozess ist die exakte Kontrolle der Molekülgröße, Durchflussmenge und diverser anderer Parameter.

Pfizers Impfstoff-Infografik vom Juli 2020 stellt die LNP-Produktion als eine Reihe an Schritten, wie dem „impingement jet mixing“ und spezialisiertem Mixen, dar. Ersterer Prozess ist sehr spezifisch und führt zum Unternehmen Knauer (Sitz in Berlin, 135 Mitarbeiter), welches im Dezember 2020 die Expansion des eigenen Geschäfts ins impingement jet mixing zur LNP-Produktion bekanntgegeben hat.[27b] Das Unternehmen wird von BioNTech als COVID-19-Impstoff-Partner gelistet.[27c]

Das „spezialisierte Mixen“ von Pfizers Infographik bezieht sich höchstwahrscheinlich auf eine bestimmte Technologie der Mikrofluidik. Dieses You-Tube Video zeigt ein Gerät zur LNP-Assemblierung, das auf Mikrofluidik basiert. Das Gerät stammt von  Precision Nanosystems in Vancouver, Canada. Es gibt allerdings keine Indizien darauf, dass Pfizer-BioNTech oder Moderna auf dieses spezifische Gerät zurückgreifen. Was auch immer sie aber verwenden, wird wahrscheinlich recht ähnlich aussehen. Wer mehr über den Prozess der LNP-Produktion wissen will, sollte sich die äußerst informativen Inhalte auf der Website von Precision Nanosystems ansehen.

Aktuell scheint Vancouver, British Columbia, das globale Mekka der LNP-Expertise zu sein. Das dort ansässige Unternehmen Precision Nanosystems habe ich bereits erwähnt. Es produziert Geräte zur LNP-Produktion und ist außerdem in den kanadischen Bemühungen involviert, eine landeseigene COVID-19-Impfung zu entwickeln. Transferra Nanosciences ist ebenfalls in Vancouver ansässig und wurde 2016 vom deutschen Chemiegiganten Evonik akquiriert.[28] Allerdings scheint das Unternehmen trotz relevanter Expertise aktuell nicht in der Produktion der mRNA Impfungen involviert zu sein. Acuitas Therapeutics ist ein weiteres Unternehmen aus Vancouver und eines der zwei Unternehmen, denen wir die Entwicklung des Lipidnanopartikels (inklusive Assemblierungsprozess) für die Pfizer-BioNTech Impfung zu verdanken haben.[29] Allerdings wird keine mRNA nach Vancouver geschickt, da Pfizer und BioNTech diesen Prozess in eigenen Produktionsstätten durchführen. Im November war die LNP-Produktion von Pfizer in Kalamazoo, Michigan, der Flaschenhals der US-Lieferkette.

Neben Vancouver gibt es noch ein zweites globales Zentrum der LNP-Expertise: Klosterneuburg in der Nähe von Wien, Österreich. Dort sitzt das Unternehmen Polymun Scientific, von dem auch das oben verlinkte Bild des beispielhaften Laborsetups stammt. Seit November ist Polymun unter anderem damit beschäftigt, die eigene Expertise an Pfizer und/oder BioNTech weiterzugeben, damit diese die LNP-Produktion zu einem gewissen Maß auch selbst abwickeln können. Ob Polymun in Österreich einen Teil der Produktion abwickelt oder, wie Acuitas, lediglich Wissen weitergibt, ist nicht bekannt. Wie genau Polymun/Acuitas zur Pfizer-BioNTech beigetragen haben ist mir ebenfalls nicht ganz klar.

Moderna hat einen firmeneigenen LNP-Produktionsprozess[30] und scheinbar nur wenig Kontakt mit den Medien, da ich darüber keinerlei Informationen finden konnte. Wahrscheinlich übernimmt Lonza auch diesen Produktionsschritt für Moderna.

Formulierung & Fill-and-Finish

Die Beschaffung des Lipidnanopartikels inklusive mRNA wurde bereits ausführlich beschrieben. Die restlichen Inhaltsstoffe sind generisch und ausgiebig vorhanden, sodass ich darauf nicht näher eingehen werde.

Jetzt fehlen uns nur noch zwei Schritte bis zum fertigen Impfstoff. Erstens müssen LNP, Puffer und Sucrose im Zuge der sogenannten Formulierung zusammengefügt werden. Zweitens werden im Zuge des Fill-and-Finish-Prozesses die Ampullen befüllt, etikettiert und verpackt. Das klingt aufs erste nicht sonderlich kompliziert, allerdings haben wir zu diesem Zeitpunkt mit Lipidnanopartikeln zu tun, die am liebsten gefroren sind und wir alle wissen, dass gefrorene Stoffe sich mehr schlecht als recht vermischen lassen.

In den USA führt Pfizer diese Schritte in Kalamazoo, Michigan, durch, wo das Unternehmen einen riesigen Campus mit 80 Gebäuden betreibt. In Kalamazoo gibt es zwei Abfüllanlagen, von der eine bis zu 600 Ampullen pro Minute befüllen kann. In Kalamazoo befindet sich außerdem die Gefrierzentrale, wo Pfizer alle vor der Zulassung produzierten Impfungen verstaut hat.

In Europa betreiben BioNTech und Pfizer ihre eigenen Produktionsstätten und arbeiten außerdem mit einer wachsenden Anzahl an Drittanbietern und anderen Partnern. Am zweiten Februar veröffentlichte BioNTech diese Pressemeldung, in welcher 13 Produktionspartner genannt werden. Allerdings ist unklar, wie viele dieser Partner im Fill-and-Finish-Prozess involviert sind. Die folgenden Partner und Standorte wurden öffentlich genannt:

  • Pfizers Standort in Puurs, Belgien, war die erste funktionsfähige Fill-and-Finish-Fabrik im europäischen Netzwerk von Pfizer-BioNTech.

  • BioNTech hat eigene Produktionsstätten in Mainz und Idar-Oberstein. Allerdings konnte ich keine Quellen dazu finden, ob dort Fill-and-Finish-Prozesse ablaufen.

  • Im September 2020 hat BioNTech eine aktive Produktionsstätte in Marburg, Deutschland, mit 300 Mitarbeitern von Novartis gekauft. Laut eigenen Angaben soll das die jährliche Produktion um 750 Millionen Dosen erhöhen (insgesamt werden Pfizer und BioNTech gut 2 Milliarden Dosen produzieren). Die Produktion soll dort im Februar 2021 Fahrt aufnehmen.[31]

  • Dermarpharm hat einen Vertrag für den Fill-and-Finish-Prozess an seinem Standort in Brehna, Leipzig.[32]

  • Das Schweizer Unternehmen Siegfried, plant Mitte 2021 mit der Produktion in Hameln, Deutschland, zu starten.[33]

  • Das US-amerikanische Gesundheitsunternehmen Baxter führt seit Dezember 2020 Tests in seiner Produktionsstätte in Halle, Deutschland, durch. Am 5. Februar soll dort die Produktion starten.[34]

  • Am 26. Januar 2021 verkündete Sanofi, dass es ab August 2021 den Pfizer-BioNTech Impfstoff in seiner Produktionsstätte in Frankfurt abfüllen und verpacken will.[35]

  • Am 29. Januar 2021 verkündete Novartis einen möglichen Deal mit Pfizer-BioNTech. Sollte der Vertrag unterschrieben werden, würde das Unternehmen anfangen, den Impfstoff in seiner Produktionsstätte in Stein am Rhein, Schweiz, zu produzieren. Die Produktion würde im Q2 2021 in einem bisher nicht genannten Umfang starten.[36]

Moderna hat im Gegensatz zu BioNTech keinen Pharmaziegiganten wie Pfizer im Rücken und die Formulierung sowie den Fill-and-Finish-Prozess deshalb an Drittanbieter ausgelagert. In den USA an Catalent[37] und außerhalb der USA an das spanische Unternehmen Laboratorios Farmacéuticos Rovi.[38] Am 30. Dezember 2020 schloss Moderna außerdem einen Vertrag mit dem schwedischen Unternehmen Recipharm ab. Demnach soll Anfang 2021 mit dem Fill-and-Finish-Prozess in Recipharms Fabrik in Monts, Frankreich, gestartet werden.[39]

Einige Details: BioNTechs Produktionspartner installieren Inspektionsmaschinen des deutschen Produzenten Seidenader. Catalent hat kurze Videos vom Fill-and-Finish-Prozess der Moderna Impfung auf Twitter gepostet – hier und hier.

Verpackung

Eine Ampulle der Pfizer-BioNTech Impfung besteht aus fünf Dosen mit je 0.3 Millilitern. Diverse Medien haben berichtet, dass die Ampullen oft überfüllt sind. In diesem Zusammenhang regen Behörden in den USA und der EU dazu an, etwaige Extradosen zu verabreichen.[40],[41] Die eigens angefertigten Versandkartons bestehen aus bis zu 5 separaten Schichten, wobei jede Schicht 195 Ampullen verstauen kann – ergibt (ungeachtet etwaiger Extradosen) 4.875 Dosen.[42]

Die Ampullen der Moderna Impfung beinhalten 10 Dosen mit jeweils 0.5 Millilitern. Moderna verstaut 10 Ampullen in einem Karton und 12 Kartons in einer Kiste. Bis zu 192 Kisten passen in eine Palette – ergibt 230.400 Dosen.[43]

Globale Distribution

Der Impfstoff befindet sich während der gesamten Distribution– angefangen beim Fill-and-Finish-Prozess, endend bei der impfenden Gesundheitseinrichtung – in einer Ampulle mit mehreren Dosen. Damit ist die Impfung vielen anderen Produkten ähnlich, die in großen Mengen vom Produzenten weggeschickt und auf dem Weg zum Kunden immer weiter in leicht-verkäufliche Einheiten aufgeteilt werden.

In welcher Produktionsstätte deine Impfung produziert wurde, hängt vom Land ab, in welchem du dich impfen lässt. Sowohl bei Moderna als auch bei Pfizer-BioNTech läuft der primäre Unterschied auf einen Faktor hinaus: USA oder nicht USA. Allerdings scheint es wahrscheinlich, dass sich die Lieferketten in Zukunft noch weiter differenzieren werden, sobald zusätzliche Länder mit nationaler Expertise die Impfungen autorisieren.

Die finale Herausforderung besteht im Transport der Impfampullen zu den relevanten Gesundheitsreinrichtungen – reichend von Krankenhäusern über Impfzentren bis hin zu Apotheken. Während der oben beschriebene Produktionsprozess hochkompliziert ist und in den immer selben Produktionsstätten abläuft, zeichnet sich die Distribution durch geringere Kompliziertheit aber eine umso größere Variation des Umfeldes aus. Die folgenden Passagen versuchen dieser Herausforderung gerecht zu werden, indem einige Kernaspekte etwas genauer beleuchtet werden.

Temperaturanforderungen

Der Distributionsprozess von Impfstoffen zeichnet sich grundsätzlich durch verschiedenste Temperaturanforderungen aus. Denn genau wie viele andere biologische Produkte, müssen Impfstoffe gekühlt werden, um nicht zu degradieren. Auch bei den Impfstoffen von Pfizer-BioNTech und Moderna ist das nicht anders und beide Impfungen bedürfen einer Lagerung unter dem Gefrierpunkt.

Der Begriff der Kühlkette beschreibt alle Komponenten einer Lieferkette, die eine Temperatur unter der Umgebungstemperatur benötigen. Spannenderweise scheint es keinen Komplementärbegriff wie die „Wärmekette“ zu geben, um auf die Lieferkette von Produkten einzugehen, die eine Mindesttemperatur benötigen – wie bspw. gekochtes Essen oder spezielle Klebstoffe.

Der Pfizer-BioNTech Impfstoff benötigt ultra-niedrige Temperaturen, um Transport und Lagerung ohne Degradierung zu überstehen. Je nachdem, welche Zeitung du aufschlägst, liegt die maximale zulässige Temperatur irgendwo zwischen -60°C und -80°C. Tatsächlich handelt es sich dabei um die Bandbreite (-80°C bis -60°C) an zulässigen Lagertemperaturen, sobald die Impfung bei der jeweiligen Gesundheitseinrichtungen eingetroffen ist. Einmal aufgetaut, kann die Impfung noch bis zu 5 Tagen bei einer Temperatur zwischen 2°C und 8°C gelagert werden.[44] Die Temperaturbandbreite von -80°C bis -60°C wird laut Medienberichten auch während der gesamten restlichen Lieferkette eingehalten – zumindest für alle Substanzen, die RNA beinhalten. Ausnahme ist ein 72-Stundenfenster im Zuge der finalen Abfüllung der Impfungen.[45]

Am 28. Dezember sollten von einer Pfizer Produktionsstätte in Belgien COVID-19-Impfungen an diverse europäische Länder ausgeschickt werden.  Allerdings kam es zu Verzögerungen aufgrund von Problemen beim Lade- und Transportprozess – diverse Medien gehen davon aus, dass diese Probleme mit den Temperaturanforderungen zu tun hatten.[46] Im frühen Dezember wurden in den USA einige Pfizer-BioNTech Impfungen returniert, weil sie zwischenzeitlich bei einer Temperatur von -92°C gelagert wurden und damit unterhalb der vorgeschriebenen Bandbreite.[47]

Laut Modernas Richtlinien, soll der Impfstoff bei einer Temperatur zwischen -15°C und -25°C gelagert werden. Dabei darf der Impfstoff niemals bei Temperaturen unter -40°C gelagert oder mit Trockeneis gekühlt werden. Einmal aufgetaut kann man den Impfstoff bis zu 30 Tagen bei Temperaturen zwischen 2°C und 8°C lagern und für einen Zeitraum von 12 Stunden sogar bei Temperaturen von bis zu 25°C.[48]

Wie bereits erwähnt, dient die Kühlung des Impfstoffes, um diesen vor Degradierung zu bewahren. Allerdings sind die exakten Temperaturanforderungen und Zeitangaben nicht spezifisch auf die jeweiligen Impfstoffe abgestimmt und können sich im Zuge der nächsten Monate durchaus noch verändern. Denn jede Temperaturanforderung basiert auf einem Test mit exakt dieser Temperaturanforderung. Dazu ein Beispiel: Die Angabe, dass ein Impfstoff für 5 Tage gelagert werden kann, basiert im Regelfall auf einem wissenschaftlichen Experiment, im Zuge dessen die Impfungen für 5 Tage gelagert und danach evaluiert wurden. Die Anzahl derartiger Experimente ist logicherweise beschränkt, weshalb man sich zu Beginn auf bewährte Standardszenarien fokussiert. Aus diesem Grund stimmen die angegebenen Temperaturanforderungen auch mit den Temperaturbandbreiten bestehender Kühlungstechnologien überein. Eine Bandbreite von 2°C bis 8°C kann man beispielsweise mit den meisten standardmäßigen Kühlschränken erreichen. Würden standardmäßige Kühltechnologien stattdessen eine Temperaturbandbreite von 3.14°C bis 9¾°C anbieten, würde man wahrscheinliche diese Temperaturen in den Lageranforderungen der Impfstoffe finden. Moderna hat die Haltbarkeitsdauer der Impfungen bereits einmal verlängert und hält weitere Verlängerungen für möglich.[49]

Operation Warp Speed – ein Blick in die USA

Operation Warp Speed (OWS) ist ein Kooperationsprojekt diverser US-amerikanischer Behörden, im Zuge dessen die Entwicklung und Distribution von 300 Millionen COVID-19-Impfungen abgewickelt werden soll. Die Grundpfeiler des Projekts: Zentrale Beschaffung und Anreize in Form von Fördergeldern. In den USA wird der Großteil der Impfstoff-Distribution über die OWS abgewickelt. Folgend eine schematische Darstellung des aktuellen Prozesses.

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Abb. 1: Operation Warp Speed Impfstoffdistribution. Quelle: Coronavirus U.S. Department of Health & Human Services, https://www.hhs.gov/coronavirus/explaining-operation-warp-speed/index.html

Es gibt einige nennenswerte Unterschiede zwischen der Distribution der Pfizer-BioNTech und Moderna Impfstoffe. Pfizers Distributionsprozess scheint um einiges kürzer und direkter zu sein als jener von Moderna. Tatsächlich schickt Pfizer direkt von der Fabrik zum Endkunden bzw. den impfenden Gesundheitseinrichtungen.[50] Das hat zwei Gründe:

  1. Pfizer und die Operation Warp Speed arbeiten eher neben- als miteinander. Im Gegensatz zu Moderna und anderen Herstellern von potentiellen Impfstoffen, hat Pfizer keine Förderungen zur Impfstoffentwicklung von den USA erhalten. Stattdessen gibt es einen Liefervertrag, der die Einflussnahme der US-Regierung auf ein Minimum reduziert.[51]

  2. Aktuell hat die OWS lediglich einen Distributionsvertrag für Kühlketten mit Temperaturen bis zu -20°C.[52] Damit kann sie den Anforderungen der Pfizer-BioNTech Impfung also ohnehin nicht gerecht werden. Natürlich würde die Sache ganz anders aussehen, wenn Pfizer um Unterstützung gebeten hätte.

In diesen zwei Punkten unterscheidet sich Pfizer nicht nur von Moderna, sondern auch den meisten anderen Herstellern vielversprechender COVID-19-Impfstoffe, die bereits zu diesem Zeitpunkt mehr Kontakt zur US-Regierung haben als Pfizer. Man kann also davon ausgehen, dass die meisten zukünftigen Impfstoffe einen ähnlichen Distributionsprozess wie die Moderna Impfung durchlaufen werden.

Neben bekannten Unternehmen wie UPS und FedEx ist auch McKesson ein essentieller Partner der OWS. McKesson ist ein im S&P 500 gelistetes Unternehmen und auf dieser Seite ihrer Homepage findet der interessierte und englischsprachige Leser einige Information zu McKessons Rolle in der Corona-Krise. Eine Randnotiz in Anbetracht neuster Nachrichten aus dem Silicon-Valley: McKesson hat seinen Hauptsitz bereits 2018 von San Francisco nach Irving, Texas, übersiedelt – war also ein Early-Adopter im neusten Hype der Technologieszene.[53]

UPS Cold Chain Solutions und FedEx Cold Chain Services sind die bestehenden Angebote rund um Kühlkettenlogistik von UPS und FedEx.

Ich konnte keine Hinweise dafür finden, dass die Kühlkette der Dippin' Dots (Süßigkeit, die bei -45°C gelagert werden muss) für die Impfstoffdistribution verwendet wird.

Distribution außerhalb der USA

Pfizers Produktionsstätte in Kalamazoo, Michigan, produziert nur Impfstoffe für den US-Markt. Alle anderen Länder, die mit Pfizer zusammenarbeiten, erhalten ihre Pfizer-BioNTech Impfungen von der Fabrik in Puurs, Belgien. Mit alle anderen ist auch Kanada gemeint, obwohl Kanada geografisch gesehen viel weiter von Belgien als von Michigan entfernt ist.[54]

Der Moderna Impfstoff wird in Kanada von FedEx und Innomar Strategies, einem Tochterunternehmen von AmerisourceBergen, distribuiert.[55]

In Deutschland liefern sowohl BioNTech als auch Moderna die Impfstoffe an 25 Distributionszentren, von denen aus Regierungsbehörden die „letzte Meile“ bewerkstelligen.[56] Der letzte Teil der Impfstoffdistribution wird von allen 16 Bundesstaaten unterschiedlich gehandhabt. Nordrhein-Westfalen hat beispielsweise den gesamten Transport sowie den Betrieb der Distributionszentren an das Schweizer Unternehmen Kuehne+Nagel ausgelagert. Das Video in diesem Tweet zeigt das Innere von einem dieser Distributionszentren. Im Gegensatz dazu haben sich Niedersachsen und Baden-Württemberg für DHL entschieden.[57]

Kuehne+Nagel übernimmt darüber hinaus auch die Distribution vom Moderna Impfstoff und liefert diesen von der Produktionsstätte in Spanien nach Europa, Asien, den Nahen Osten, Afrika sowie in Teile von Nord- und Südamerika (wahrscheinlich ausgenommen der USA und Kanada).[58] Die Schweizer Boulevardzeitung Blick hat errechnet, dass der Impfstoff zwischen seiner Produktion in der Schweiz und seiner Rückkehr in die Schweiz eine Reise von gut 4000 Kilometern zurücklegt: Fill-and-Finish in Spanien, dann in das Distributionszentrum von Kuehne+Nagel in Geel, Belgien, und von dort wieder in die Schweiz.[59] Dieser Vertrag bezieht sich auf die Lieferung von der Produktionsstätte hin zu etwaigen Distributionszentren – anders als der Vertrag mit Nordrhein-Westfalen, der sich auf die Lieferung vom Distributionszentrum zur impfenden Gesundheitseinrichtung bezieht. Kuehne+Nagel bezeichnet diese Dienstleistung als KN PharmaChain und hat sie im September 2020 auf 230 Standorte rund um den Globus ausgeweitet.[60]

Genau wie in den USA will Pfizer auch in allen anderen Ländern die Distributionsprozesse der regionalen Behörden umgehen. Auf seiner englischen Website, gibt Pfizer dazu folgendes Statement ab:

„We have developed detailed logistical plans and tools to support effective vaccine transport, storage and continuous temperature monitoring. Our distribution is built on a flexible just-in-time system which will ship the frozen vials to the point of vaccination. Our distribution approach will be to largely ship from our Kalamazoo and Puurs sites direct to the point of use (POU). However, we will also be using our existing distribution centers for the COVID-19 distribution in Pleasant Prairie, WI and in Karlsruhe, Germany.”

Auf der deutschen Website, sind die Angaben weniger spezifisch, der Grundtonus ist aber derselbe:

„Für die Distribution des COVID-19-Impfstoffs haben wir logistische Pläne und Instrumente entwickelt, die den effektiven Transport des Impfstoffs, die Lagerung und die kontinuierliche Temperaturüberwachung ermöglichen.”

„Unser Vertrieb basiert auf einem flexiblen Just-in-Time-System. Wir nutzen sowohl den Straßen- als auch Lufttransport und sind so in der Lage, den Impfstoff innerhalb von drei Tagen an den Ort des Impfens zu bringen. Mit jeder Flasche Impfstoff können dort fünf Menschen geimpft werden.“

Diese Vorgehensweise deckt sich mit Pfizers Ziel, die Impfungen in Zukunft auch an Endkunden statt an Regierungen zu verkaufen.

Kühlgeräte

Kühlgeräte spielen eine essentielle Rolle bei der Impfstoffdistribution und werden entsprechend auch von den meisten Berichten zur mRNA-Impfstoff-Distribution erwähnt. Für uns sind an dieser Stelle zwei Kategorien von Kühlgeräten entscheidend: Übliche Kühlgeräte erreichen Temperaturen von bis zu -20°C – dazu zählt z.B. das Tiefkühlfache in deiner Küche. Ultratiefkühlschränke erreichen Temperaturen von bis zu -80°C.

Pfizers Gefrierzentrale in Kalamazoo, Michigan, hat bereits einiges an medialer Aufmerksamkeit erhalten, da dort die ersten Impfstoffchargen verstaut wurden, während Pfizer auf die Notzulassung der FDA gewartet hat. Ein genauerer Blick auf dieses Foto offenbart zwei Dinge. Zum einen verwendet Pfizer TSX Ultratiefkühlschränke von Thermo Fisher Scientific. Zum anderen haben alle Geräte einen Sticker mit der Aufschrift „-80°C“, die Bildschirme zeigen aber „-69°C“ an. TSX Geräte sind sehr versatil und können Temperaturen von -50°C bis -86°C erreichen. Die Versatilität macht sie aber wahrscheinlich auch ziemlich teuer (für genaue Preise musst du direkt bei Thermo Fisher Scientific anrufen). Die gut 400 Mitarbeiter des deutschen Mittelbetriebs Binder produzieren ebenfalls Ultratiefkühlschränke und verkaufen diese zu Preisen zwischen 15.000 und 20.000 Euro.[61]

Die Verfügbarkeit von Ultratiefkühlschränken variiert von Land zu Land. Peru beispielsweise hat im gesamten Land nur gut 30 solcher Geräte – selbst auf dem Foto der Pfizer Gefrierzentrale sind mehr zu sehen.[62]

Trockeneis und Phasenwechselspeicher

Wenn eine aktive Kühlung durch Tiefkühlgeräte nicht zur Verfügung steht, muss man auf passive Kühlung zurückgreifen. Dabei wird die zu kühlende Substanz in ein isoliertes Behältnis gegeben und eine weitere kalte Substanz hinzugefügt. Für die weitere kalte Substanz wird in vielen Fällen entweder Trockeneis oder Phasenwechselspeicher verwendet.

Trockeneis ist festes CO2 und sublimiert bei einer Temperatur von -78.5°C. Sublimieren bedeutet, dass ein Stoff direkt vom Fest- in den Gaszustand übergeht. Das steht im Gegensatz zum uns viel bekannteren Phasenübergang des Schmelzens, bei dem ein Stoff vom Fest- in den Flüssigzustand übergeht. Trockeneis kann bei Raumtemperaturen produziert werden. Und weil sich Trockeneis buchstäblich in Luft auflöst, wenn es sich erwärmt, kann man Trockeneisbehälter einfach nachfüllen, um die gewünschte Temperatur aufrechtzuerhalten. Diese beiden Eigenschaften machen Trockeneis zu einer tollen Alternative, wenn keine aktive Kühlung durch Tiefkühlgeräte möglich ist.

Je nach Quelle sind ausreichende Kapazitäten zur Trockeneisproduktion vorhanden[63], oder auch nicht.[64] Flüssiges CO2 – die Hauptzutat von Trockeneis – war 2020 jedenfalls weniger ausgiebig vorhanden als normalerweise. Grund dafür: Flüssiges CO2 ist ein Nebenprodukt der Erdgasproduktion, welche 2020 im Zuge der diversen COVID-19-Einschränkungen stark reduziert wurde.[65]

Die Rate der Sublimierung – gemessen am Gewicht an Trockeneis, das pro Stunde verloren geht - ist eines der Kernfeatures von Behältnissen, die zur Kühlung mit Trockeneis entwickelt wurden. Pfizers Behälter erreichen erstaunlich niedrige Sublimierungsraten von nur einem Prozent - im Vergleich zu den üblichen 2 bis 3%. Die Raten sind so niedrig, dass Boeing in Reaktion darauf seine Richtlinien zum Trockeneistransport anpassen musste.[66]

Warum gibt es aber überhaupt Beschränkungen für die Menge an Trockeneis, das per Flugzeug transportiert werden darf? Weil die Freisetzung von Trockeneis in einem geschlossenen Raum zu Verwirrung oder gar Unbewusstsein bei Personen im besagten Raum führen kann. Die US FAA (Bundesluftfahrtbehörde der USA) hat United Airlines – der von Pfizer favorisierten Fluglinie zum Impfstofftransport - erlaubt, die bisherigen Limits um das Fünffache zu übersteigen.[67] Gleichzeitig hat die Behörde aber auch Ratschläge veröffentlicht, wie Fluglinien die Erstickung des eigenen Personals durch das austretende CO2 verhindern können und wie man den sublimierungsbedingten Gewichtsverlust in die Berechnung des Flugzeugsschwerpunkts miteinbeziehen soll.[68]

Wenn Trockeneis die Duracell-Batterien der passiven Kühlung sind, sind Phasenwechselspeicher die Akkus. Phasenwechselspeicher werden ebenfalls dazu verwendet, um isolierte Behälter zu kühlen, aber anstatt zu sublimieren, werden sie flüssig, wenn sie sich erwärmen. Wenn du schon einmal Essen von einem Lieferdienst wie BlueApron oder HelloFresh erhalten hast, sollten dir Phasenwechselspeicher bereits bekannt sein – es handelt sich dabei um die kleinen Gelpakete, welche in den Lieferboxen liegen, um das Essen frisch zu halten. Phasenwechselspeicher sind wiederaufladbar, was sehr praktisch ist, allerdings nur insofern hilfreich, als entsprechende Kühlgeräte zum Aufladen zu Verfügung stehen.

Lieferboxen

Die Moderna Impfung erfordert lediglich standardmäßige Kühlgeräte mit bis zu -20°C und kann daher auf bereits bestehende Kühlketteninfrastrukturen zurückgreifen. Ultratiefkühlschränke für die Pfizer-BioNTech Impfung sind weit weniger verbreitet, weshalb Pfizer eine maßgeschneiderte Lieferbox entwickelt hat. Aus diesem Grund kann der Moderna-Impfstoff auch palettenweise verschickt werden, während man die Pfizer-Boxen nicht so einfach übereinanderstapeln kann.

Wie bereits erwähnt wird Modernas Impfstoffdistribution in den USA von der Operation Warp Speed abgewickelt. Wenn man einen genaueren Blick auf Fotos der Distributionszentren von McKesson wirft, kann man den Markennamen EcoFlex96 auf den Kartons erkennen. Diese Schachteln werden von Cold Chain Technologies produziert, welche hier ihre Partnerschaft mit der OWS verkündet haben. Außerdem betreiben sie eine dezidierte Website mit allen Produkten, die zur Impfstoffdistribution geeignet sind. Dieses Video zeigt den grundlegenden Aufbau einer Exoflex96-Box: Die äußere Schicht enthält Gelpakete, die als Phasenwechselspeicher agieren und so die innere Kartonbox kühlen.

In seinen Angaben für Gesundheitsdienstleister erwähnt Pfizer insbesondere zwei potentielle Lieferboxen. Zum einen die Boxen von Softbox Thermal Packaging Systems, mit Hauptsitz in der 2451 Seelengemeinde Long Crendon im Vereinigten Königreich. Zum anderen die Boxen von Aerosafe mit Sitz in Rochester, New York. Auf dem Twitter-Account von Softbox (403 Follower) findet man viele Fotos und Videos rund um ihre Boxen sowie deren Rolle im Distributionsprozess der Pfizer-BioNTech Impfung. (Aerosafe hat noch weniger Twitter-Follower aber Softbox ist einer von ihnen). Die Fotos und Videos in diesem Artikel des Schweizer Tagesanzeigers zeigen die Ankunft und das Auspacken einer Aerosafe-Schachtel in einer Militäreinrichtung in Ittingen, Schweiz. Vollbeladen mit Impfstoffen und Trockeneis, wiegen diese Schachteln bis zu 36.5 Kilogramm.

Das würzburgische Unternehmen va-Q-tec ist ein Universitäts-Spin-Out, welches die Technologie der Vakuumpaneele kommerzialisiert hat. Dabei handelt es sich um einen Phasenwechselspeicher, der in einer speziellen Folie (Hochbarrierefolie) „gasdicht verpackt und evakuiert, d. h. luftleer gepumpt“ wird.[69] Aus diesen Paneelen werden schließlich Transportbehältnisse unterschiedlichster Größen hergestellt – reichend vom Ausmaß einer Schuhschachtel bis zur Größe eines Schiffscontainers. 2500 solcher Schiffscontainer können von den 40 internationalen Standorten des Unternehmens gemietet werden.[70] Die Produktion der Vakuumpaneele und einige der Container kannst du dir in diesem Video von DW ansehen.

va-Q-tec hält sich in Bezug auf ihre Kunden im Impfstoffbereich recht bedeckt. In dieser Presseaussendung ist beispielsweise von einem der größten Pharmazeutikproduzenten die Rede. Weiß man aber erst einmal, wie die Container von va-Q-tec aussehen, tauchen sie in jedem zweiten Bericht zur Impfstoffdistribution auf: Zum Beispiel in diesem vorher erwähnten Video eines deutschen Distributionszentrums, in diesem Artikel über Moderna Impfungen, die bei der US Air Force in Japan eintreffen oder auch auf Reuters, wo der Aktienpreis des Unternehmens nur eine Richtung kennt.

Temperaturtracker

Die Temperatur von gefrorenen oder gekühlten Waren auf ihrem Weg durch die Kühlkette zu überwachen, ist keine neue Herausforderung. Die Überwachung kann entweder offline erfolgen, indem man die Temperaturtracker abliest, nachdem die Produkte angekommen sind, oder online, wo Geräte die Temperaturdaten zu einer zentralen Datenbank schicken. Bei letzterem Verfahren handelt es sich um einen der nicht unnötigen Anwendungsfälle des Internet of Things (IoT).

Die eingebauten Tracking-Geräte in Pfizers maßgeschneiderten Lieferboxen haben kürzlich Schlagzeilen gemacht, nachdem sie erste Fälle von einem Versagen der Kühlkette gemeldet haben. Dieser Artikel zitiert einen Sprecher der deutschen Stadt Lichtenfels, laut welchem ihre Tracker beim Tramsport Rekordtemperaturen von bis zu 15°C gemessen haben.

Pfizer greift auf die Trackinggeräte von Controlant und Sensitech zurück.[71] Der Tracker vom isländischen Startup Controlant [72] ist ein Onlinetracker, der auch einen GPS-Empfänger enthält.[73] Das Gerät hat drei LED-Indikatoren – einen für die Intaktheit der Kühlkette, einen für den Netzempfang und einen für die Batterie. Controlant hat sogar Zeit gefunden, das Design anzupassen und ein Pfizer Logo hinzuzufügen. Das andere Gerät von Sensitech (Teil des US-Konglomerats Carrier) wird als TempTale Ultra bezeichnet. Dabei handelt es sich um einen Offlinetracker, bei dem die Temperatur von einem LCD-Display abgelesen werden kann. Die Geräte werden in den Isolierungsteil der Pfizer Lieferboxen integriert.

Ich bin mir ziemlich sicher, dass alle Schritte im Distributionsprozess beider Impfstoffe irgendwie temperaturüberwacht sind. Modernas Impfstoffversand, der in den USA durch McKesson geregelt wird, inkludiert einen nicht weiter spezifizierten digitalen Temperaturmonitor, der den Impfstoffempfängern erlaubt, die Intaktheit der Kühlkette zu überprüfen und zwar allem Anschein nach ohne Netzwerkanschluss des Trackers.[74]

Glasampullen

Sowohl die Impfstoffampullen von Pfizer-BioNTech als auch jene von Moderna bestehen aus einem Glasbehältnis, in welchem sich der Impfstoff befindet, sowie einem Gummipfropfen.

Ampullen werden nicht einfach aus irgendeinem Altglas hergestellt, weil sie sowohl mechanischen Schocks während des Transportes als auch thermischen Schocks während des Einfrierens und Auftauens standhalten müssen. Seit mehr als einem Jahrhundert ist das Material der Wahl für pharmazeutische Ampullen Borosilikatglas. Valor Glas ist ein neuartiger Glastyp, der erst seit wenigen Jahren kommerziell erhältlich ist, Borosilikatglas aufgrund seiner überlegenen Fähigkeiten aber Schritt für Schritt vom Markt verdrängen könnte.

Schockresistenz ist natürlich nicht nur bei der Impfstofflagerung gefragt, sondern beispielsweise auch bei Küchenutensilien oder in der Elektronik, weshalb Borosilikatglas auch in diesen und vielen anderen Bereichen verwendet wird. Das chemische Element Bor ist nicht nur für den ersten Teil des Namens „Borosilikat“ verantwortlich, sondern prägt auch die Eigenschaften des Glases ganz entscheidend. Eti Mine Works, ein Unternehmen in türkischem Staatsbesitz, produziert fast drei Viertel des weltweiten Boraufgebots. Der Rest kommt von der Rio Tinto Borax Mine in Boron, Kalifornien.

Eine Handvoll an Produzenten dominiert den weltweiten Markt für Borosilikatglas für Impfstoffampullen.

Die Schott AG – Sitz in Mainz – wurde vom Erfinder des Borosilikatglas gegründet und produziert Ampullen in Deutschland, Indien, Brasilien und neuerdings auch in China.[75] Schott behauptet, dass drei von vier COVID-19-Projekte auf Ampullen von Schott zurückgreifen und nennt in diesem Zusammenhang einige Partner der OWS.[76]

Die ebenfalls deutsche Gerresheimer AG produziert Ampullen in China, Indien, den USA, Mexiko, Frankreich und Polen. Das Unternehmen geht davon aus, in den nächsten zwei Jahren gut eine Milliarde zusätzlicher Ampullen zu produzieren.[77] Ich konnte zwar keine Informationen zu spezifischen Verträgen finden, dafür bereitete diese Case-Study über die rapide Anpassung der Gerresheimer IT-Systeme auf eine Belegschaft im Home-Office, eine willkommene Abwechslung zu all der Lektüre rund um COVID-19-Impfstoffe.

Die Stevanato Group in Padua, Italien, liefert keine Ampullen für die Pfizer-BioNTech oder Moderna Impfungen. Allerdings liefert das Unternehmen 100 Millionen Borosilikatglas-Ampullen an die Coalition for Epidemic Preparedness Innovations (CEPI), welche hinter der Initiative COVAX steht.[78]

Bei den Borosilikatglas-Produzenten Borosil in Indien und Corning in den USA ist nicht ganz klar, ob sie Ampullen für COVID-19-Impfstoffe produzieren oder nicht.

Genau wie COVID-19 mRNA-Impfstoffe von einer bloßen wissenschaftlichen Obskurität zu einem kommerziellen Massenprodukt verwandelte, verhalf es auch, einem Forschungsprojekt rund um Glas in die Massenproduktion: Das Unternehmen Corning, welches in den USA so ziemlich hinter jedem zweiten Glasprodukt steckt, entwickelt bereits seit 2011 das sogenannte Valor Glas.[79] Das Glas enthält statt Bor Aluminium und wird einer ähnlichen Oberflächenbehandlung unterzogen wie das Gorillaglas, welches ebenfalls von Corning entwickelt wurde und vielen Smartphone-Nutzern ein Begriff sein sollte. Dieser Hackaday Beitrag liefert ausführliche Informationen zum Valor Glas inklusive Videos von zerstörten Impfstoffampullen. Die Kurzfassung: Valor Glas ist 50 Mal druckresistenter als Borosilikatglas und leidet nicht unter Delamination (also dem Ablösen von Glaspartikeln). Im Mai 2020 hat Pfizer einen Liefervertrag für Valor Glas unterschrieben.[80] Im Juni 2020 hat die Operation Warp Speed den Ausbau der US-Produktionskapazitäten für Valor Glas mitfinanziert.[81]

Nachdem wir bereits Gerresheimer und Corning kennengelernt haben, machen wir den Sachverhalt jetzt noch etwas komplizierter: 2015 hat Gerresheimer seine Borosilikat-Röhrenglasproduktion an Corning verkauft. Als Resultat dessen besitz Corning jetzt Fabriken in Vineland, New Jersey, und Pisa, Italien. Gerresheimer produziert allerdings weiterhin Borosilikatglas-Ampullen und benötigt daher auch weiterhin die entsprechenden Röhren. Genau deshalb hat Gerresheimer auch einen 10-Jahresvertrag mit Corning zum Kauf der benötigten Röhren abgeschlossen. Aber damit nicht genug: Teil des Verkaufs der Röhrenglasproduktion ist ein Joint Venture zwischen Corning (75%) und Gerresheimer (25%) zur Beschleunigung von Cornings Innovationen im pharmazeutischen Markt für Glasverpackungen.[82] Das erklärt auch diese Pressemitteilung von Gerresheimer, laut welcher das Unternehmen gemeinsam mit Corning die Produktion von Valor Glas noch einmal beschleunigen will. Ein Fun-Fact am Rande: Beide Unternehmen teilen ihren Namen mit der Stadt ihres Hauptsitzes. Corning sitzt in Corning, New York und Gerresheimer in Gerresheim, einem Viertel von Düsseldorf.

SiO2 Material Sciences in Auburn, Alabama, ist ein weiteres Unternehmen, welches Fördergelder von der OWS erhalten hat. Das Unternehmen produziert einen Plastikbehälter mit einer mikroskopischen, dünnen, für das nackte Auge nicht sichtbaren Glasbeschichtung. Seit Juni 2020 hat das Unternehmen seine Belegschaft verfünffacht und die Produktion verzwölffacht.[83] 1963 hat dasselbe Unternehmen als erstes überhaupt eine spezielle Milchverpackung produziert, welche man bis heute in Kühlschränken in ganz Amerika findet.

Wie für alle anderen Zutaten und Komponenten der COVID-19-Impfungen gilt auch für die Ampullen: Der Bedarf durch COVID-19 ist ein Zusatzbedarf, muss also zusätzlich zum bestehenden Bedarf für diverse andere Impfungen gedeckt werden. Trotz der optimistischen Vorhersagen seitens aller Produzenten, muss man sich vor Augen führen, dass die aktuelle Lösung nur eine Übergangslösung ist. In anderen Worten: Gäbe es ein unbegrenztes Angebot an Ampullen, würde man nicht mehrere Dosen in eine Ampulle füllen.[84] Im Optimalfall gäbe es gar keine Ampullen, weil das favorisierte Mittel zur Impfstoffdistribution die gefüllte Spritze ist. Im Mai 2020 hat das US-amerikanische Verteidigungsministerium einen Vertrag mit ApiJect Systems America abgeschlossen, laut welchem das Unternehmen bis Jahresende 2020 100 Millionen vorgefüllte Spritzen produzieren soll.[85] Dasselbe Unternehmen baut gerade eine zweite, größere, Produktionsstätte für vorgefüllte Spritzen im Research Triangle Park in North Carolina. Der passende Name: ApiJect Gigafactory.[86]

Die impfende Gesundheitseinrichtung

Es gibt verschiedene Einrichtungen, in denen man geimpft werden kann – je nachdem, wo du lebst und wann du geimpft wirst, mag das eine Arztpraxis, ein Impfzentrum, eine Apotheke, oder eine andere Gesundheitseinrichtung sein. Jede Injektion erfordert das Vorhandensein einiger Ressourcen:

  • 1 Spritze und Nadel, welche für die Injektion in den Arm des Patienten geeignet ist

  • 1 antiseptisches Wischtuch zum Reinigen der Injektionsstelle am Arm des Patienten

  • 1 medizinischer Einmalhandschuh

  • 1 Behälter zum Entsorgen der anderen Ressourcen

Für die Injektion der Pfizer-BioNTech Impfung sind noch einige weitere Ressourcen notwendig. Jede Ampulle muss kurz vor der Nutzung mit 1,8 ml einer Natriumchlorid-Injektionslösung 9 mg/ml (0,9 %) verdünnt werden.[87] Der Transfer des Natriumchlorids in die Impfampulle (und die Entnahme der entsprechenden Menge an Luft) erfordert pro Ampulle eine ausreichend große Spritze (Pfizer empfiehlt 3 oder 5 ml) sowie eine entsprechende Nadel (21-Gauge oder schmaler). Darüber hinaus benötigt jeder Arbeiter, der mit den Lieferboxen von Pfizer hantieren muss, das nötige Schutzequipment und Sicherheitstraining für die Handhabung von Trockeneis.

In den USA werden all diese Ressourcen von der Regierung bzw. der Operation Warp Speed zur Verfügung gestellt. Die Distribution dieser Ressourcen wird für Moderna (und alle zukünftigen Partner der OWS) von McKesson übernommen.[88] In diesem System beinhalten alle Lieferungen des Moderna Impfstoffes auch direkt die nötigen Materialien zur Injektion der Impfungen. Auch an dieser Stelle umgeht Pfizer die Lieferkette der Regierung und liefert sogenannte „mega kits“ aus, die das nötige Zubehör zur Injektion von 1000 Dosen sowie Handschuhe zum Umgang mit Trockeneis beinhalten. Diese Zubehörspakete werden separat von den Impfungen verschickt.

Der genaue Typ und Lieferant der Spritzen variiert von Paket zu Paket, was wahrscheinlich auf beschränkte Liefermengen seitens der Spritzenanbieter zurückzuführen ist. Eine essentielle Differenz zwischen den diversen Spritzentypen ist die Menge an Totvolumen – also die Menge an Impfstoff, der in der Spritze zurückbleibt. Fast alle Spritzen weisen eine gewisse Menge an Totvolumen auf, weil der Kolben im Regelfall nicht bis in die Nadel reicht. Manche Spritzen haben allerdings ein besonders niedriges Totvolumen – die Differenz zu normalen Spritzen beläuft sich mitunter auf Mikroliter im zweistelligen Bereich. Multipliziert man das mit 5 Dosen bei der Pfizer-BioNTech Impfung oder 10 Dosen bei der Moderna Impfung, so ergibt sich ein Volumen im Ausmaß einer Extradosis. Das erklärt auch, weshalb immer wieder von Extradosen in den Ampullen berichtet wird: Der Grund dafür sind im Regelfall Zubehörspakete, die Spritzen mit niedrigem Totvolumen enthalten.[89]

Der Mangel an Gummi-Handschuhen ist einer der unerwarteteren Engpässe der COVID-19 Pandemie. Zwei Drittel des weltweiten Gummi-Aufkommens stammen aus Südostasien und viele Handschuhe werden auch direkt dort produziert. Der Mangel an Gummihandschuhen hat allerdings nicht nur mit COVID-19 per se zu tun. Denn während in Malaysia die Pandemie der direkte Grund für eine geringere Produktion war[90], hatte in Thailand und Vietnam das Wetter einen negativen Einfluss auf die Produktion[91]. Dazu kam natürlich eine erhöhte Nachfrage aufgrund der Pandemie. In den USA ist das Unternehmen Showa, ansässig in Fayette, Alabama, das einzige nationale Unternehmen (allerdings in japanischem Besitz), welches Nitril-Handschuhe produziert. Das Unternehmen verdoppelt aktuell seine Produktionskapazitäten.[92]

Neben all den materiellen Ressourcen benötigt jede Injektion auch eine ausgebildete medizinische Fachkraft, die die Impfung vorbereitet und injiziert. Der menschlichen Komponente im Gesundheitssystem wurde während dieser Pandemie oft zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt, da alle damit beschäftigt waren Beatmungsgeräte und Intensivbetten zu zählen. Wer Impfungen verabreichen darf, variiert von Land zu Land. In meiner persönlichen Erfahrung habe ich in den USA diverse Impfungen von Krankenschwestern und Apothekern erhalten, in Deutschland aber nur von Ärzten.

Zu guter Letzt benötigt jede Impfung einen Patienten. Während die Nachfrage aktuell sicherlich das geringste Problem darstellt, ist das Zusammenführen von vorbereiteten Impfdosen und der entsprechenden Anzahl an Patienten, eine weitere logistische Herausforderung. Die Pfizer-BioNTech Impfung beispielsweise hat nur eine geringe Haltbarkeit bei Zimmertemperatur und kann auch nicht wieder eingefroren werden. Die Anzahl an vorzubereitenden Impfstoffen muss also schon Stunden vor der Ankunft des ersten Patienten festgelegt werden.

Informationsmaterial für Patienten und Gesundheitseinrichtungen

Jedes pharmazeutische Produkt wird mit entsprechendem Informationsmaterial verschickt. Es gibt diverse Regulierungen dahingehend, welche Packungsbeilagen die Pharmaunternehmen ihren Produkten beilegen müssen. Da Impfstoffe von einer medizinischen Fachkraft verabreicht werden und in einigen Schritten für die Injektion vorbereitet werden müssen, unterscheidet sich das nötige Infomaterial von dem anderer Medikamente.

Sowohl für die Pfizer-BioNTech als auch die Moderna Impfung, konnte ich folgendes Infomaterial ausfindig machen:

  • Informationsblatt für Patienten, mit Informationen zum Wirkstoff, den Nebeneffekten, etc.

  • Ein FAQ-Beitrag (Beitrag zu häufig gestellten Fragen), in welchem häufige Fragen in Alltagssprache beantwortet werden

  • Anweisungen für Gesundheitsdienstleister zur Handhabung, der Lagerung sowie dem Öffnen von Lieferungen

  • Erinnerungskärtchen und ähnliche Materialien, die dafür sorgen sollen, dass Patienten ihre zweite Dosis bekommen

  • Anweisungen dazu, wie man Schwierigkeiten oder Probleme (bspw. besondere Nebeneffekte) an die relevanten lokalen Behörden melden soll

  • Videotutorials für die Gesundheitsdienstleister

Darüber hinaus bieten Pfizer-BioNTech noch folgende Informationen an:

  • Sicherheitsanweisungen zum Umgang mit Trockeneis

  • Anweisungen zum Retournieren der Lieferboxen

Die exakte Liste sowie das Format des Infomaterials schwankt von Land zu Land bzw. von Behörde zu Behörde. Beispielsweise muss man sowohl die Packungsbeilagen als auch die verschiedensten Aufschriften in vielen Ländern in der lokalen Sprache zur Verfügung stellen. Das Handhaben von unzähligen, regional angepassten Impfverpackungen, würde die Komplexität der Lieferkette aber um einiges erhöhen. Diese Erkenntnis hat beispielsweise die Europäische Kommission dazu verleitet, rein englisches Infomaterial in allen EU-Ländern zuzulassen, solange das Material online in der jeweiligen Landessprache verfügbar ist.[93]

BioNTech profitiert ungemein von seiner Partnerschaft mit Pfizer und ist Moderna in Bezug auf das verfügbare Infomaterial meilenweit voraus. Stand jetzt hat Pfizer-BioNTech 44 lokale Websites, inklusive lokaler Domain, lokalen E-Mail-Adressen und so weiter. Einige der PDF-Dateien haben Namen wie „Hqrdtemplateclean_de“, was die Vermutung nahe legt, dass sie mit Templates und klar strukturierten Prozessen arbeiten. Ein genauerer Blick hinter einige der Domains deutet darauf hin, dass sie zum Hosting der Websites auf Cloudflare zurückgreifen.

Im Gegensatz dazu hat Moderna aktuell lediglich lokale Website für Kanada, Israel und die USA, mit AWS als Hosting-Anbieter.

Callcenter

Für manche Fälle und Persönlichkeiten werden die bestehenden Infos nicht ausreichem, weshalb jeder Impfstoff (genau wie die meisten anderen pharmazeutischen Produkte) eine dezidierte Telefon-Hotline hat. Beispielsweise können Einwohner von Kanada und den USA etwaige Nebeneffekte an Moderna berichten, indem sie 1-866-MODERNA anrufen (allerdings erst, nachdem sie lokale Behörden darüber in Erkenntnis gesetzt haben). Diese Nummer wurde vom Unternehmen Five 9 registriert, welches wahrscheinlich auch das Call Center für Moderna betreibt. Das Outsourcing des eigenen Callcenters bedeutet abermals eine Menge an Aufwand, weil man dafür die entsprechende Wissensdatenbank sowie Skripte für die Callcenteragenten bereitstellen muss.

Pfizer-BioNTech profitiert an dieser Stelle abermals von Pfizers bestehender Infrastruktur. Alleine in ihrem deutschen Informationsblatt findet man eine lokale Nummer für 28 unterschiedliche europäische Staaten.

Track & Trace

Pharma-Kriminalität ist ein großes Geschäft und COVID-19-Impfungen sind ein besonders attraktives Ziel, da die Schere zwischen Angebot und Nachfrage so groß ist. Schön langsam erscheinen auch die ersten Berichte von Impfdosen, die für Profit aus der regulären Lieferkette ausgeschleust wurden. Das Aufkommen von illegalen Impfungen, die stark verdünnt oder vollkommen gefälscht sind, ist ein weiteres Risiko. Dazu konnte ich bisher aber noch keine vertrauenswürdigen Berichte finden.

Viele Länder haben regulatorische Richtlinien, die Pharma-Kriminalität verhindern sollen, indem man die medizinischen Güter genauestens überwacht. Diese Überwachung fokussiert sich meist auf die Distribution der fertigen Produkte, da diese Phase der Lieferkette die attraktivste Angriffsfläche für Verbrecher bietet. In den USA legt der Drug Supply Chain and Security Act (DSCSA) fest, dass die kleinste verkäufliche Einheit eines Produkts (also in der Regel eine Packung), mit einem 2D Matrix-Code versehen sein muss (ähnlich wie ein QR-Code). Dieser Code muss folgende Daten enkodieren: Seriennummer, Nummer der Produktionscharge, Produktbezeichnung und Ablaufdatum. Die Verifikation der Seriennummer ist für einige Transaktionen sogar vorgeschrieben – beispielsweise für die Retournierung eines Produktes. Unternehmen wie Tracelink bieten Dienstleistungen an, im Zuge derer sie die Einhaltung all dieser Richtlinien für Pharmaunternehmen abwickeln. Randnotiz: Der Vorgänger des DSCSA wurde durch Filibusterei im US-Senat verhindert.

Die kleinste verkäufliche Einheit der beiden COVID-19-Impfstoffe sind die Ampullen mit 5 bzw. 10 Dosen. Trotz mühsamer Suche konnte ich weder für die Pfizer-BioNTech noch für die Moderna Impfung Fotos von Ampullen mit dem vollständigen Matrix-Code finden. Lediglich auf der Website von Moderna konnte ich eine schematische Darstellung des Ampullen-Labels ausfindig machen.

Zusätzlich zu den Codes auf jeder Ampulle, finden sich weitere Codes in der Packungsbeilage. Deren Zweck besteht darin, die Dateneingabe in die elektronische Gesundheitsakte zu ermöglichen, um bspw. der Krankenschwester zu erlauben, die Verabreichung der Impfung im Datensatz des jeweiligen Patienten zu vermerken. Die Gesundheitsbehörde in den USA (CDC) schreibt den Impfungen Produktkennungen zu, die als 1D oder 2D Codes auf dem Impfstoffinformationsblatt (VIS) inkludiert werden müssen. Die Kennungen für die Pfizer-BioNTech und Moderna Impfstoffe werden hier publiziert. Das bedeutet natürlich, dass das Impfstoffinformationsblatt erst gedruckt werden kann, nachdem die CDC mit der Zuschreibung fertig ist.

Leider kann man auch noch so viel überwachen, aber Sabotage, wie die absichtliche Zerstörung von Impfdosen, wird man schlussendlich nicht verhindern können. (Dazu kommt, dass hier recht schleierhaft ist, welche Absichten bzw. Anreize dahinterstecken)

Fazit

Zu Beginn des Artikels habe ich die rhetorische Frage gestellt, ob mRNA Impfstoffe gegen COVID-19 die nächste große Revolution auf dem Gebiet des Distributed Manufacturing sein werden – statt 3D-Druckern gibt es jetzt RNA-Drucker, die rund um die Welt fertige Impfstoffe ausspucken. Die Pointe der Frage: Rein technisch gesehen ist der letzte Schritt der Impfstofflieferkette die Produktion von Spike-Proteinen. Und diese Produktion läuft in den Zellen deines Körpers ab, nachdem du die Impfung erhalten hast. Fazit: Du bist die Revolution jder global distribuierten Impfstoffproduktion.

Meine Nachforschungen zur Lieferkette der Pfizer-BioNTech und Moderna COVID-19-Impfungen enden an dieser Stelle. Natürlich gibt es noch diverse Details und Feinheiten, die man genauer untersuchen könnte. Der TED Talk darüber, wie man einen Toaster von Grund auf herstellt, könnte auch mal eine Fortsetzung vertragen. Falls du Anregungen oder Korrekturen zum Inhalt hast, schreib mir eine Mail. Bei Anregungen und Korrekturen zur Übersetzung melde dich per Mail an Noah Leidinger.

Quellen:

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[2] https://www.neb.com/gmp/gmp-grade-reagents-for-rna-synthesis

[3] https://caretdashcaret.com/2020/12/30/pseudouridylyl-not-pseudouridine/

[4] https://news.ycombinator.com/item?id=25539741

[5] https://www.researchgate.net/publication/333456052_Design_of_in_vitro_Transcribed_mRNA_Vectors_for_Research_and_Therapy

[6] https://aiche.onlinelibrary.wiley.com/doi/full/10.1002/amp2.10060

[7] https://www.exeleadbiopharma.com/news/liposomes-and-lipid-nanoparticles-as-delivery-vehicles-for-personalized-medicine

[8] https://patents.google.com/patent/WO2018081480A1

[9] https://www.fda.gov/media/144413/download

[10] https://www.reuters.com/article/us-moderna-patent-idUSKCN24O2XY

[11] https://www.bio-rad.com/featured/en/tris-buffer.html

[12] https://www.sueddeutsche.de/politik/coronavirus-corona-impfstoffe-angela-merkel-beschaffung-1.5194101

[13b] https://www.sec.gov/Archives/edgar/data/1682852/000168285220000023/lonzamodernagltafullye.htm

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[87] https://www.comirnatyeducation.de/files/Comirnaty_PIL_Germany.pdf

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[90] https://www.supplychaindive.com/news/nitrile-glove-supply-chain-procurement-MSC-Industrial/593145/

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[92] http://showacareers.com/

[93] https://www.zdf.de/nachrichten/panorama/coronavirus-impfstoff-logistik-100.html

noah leidinger